Psychische Auffälligkeiten beeinflussen die Entwicklungschancen

Berlin – Psychische Auffälligkeiten beeinflussen die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen und können sich bis in das Erwachsenenalter hinein auswirken. Das berichtet ein Forschungsteam der Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring am Robert-Koch-Institut (RKI) und des Department of Psychiatry der University of Cambridge, Großbritannien, in der neuen Ausgabe des Journal of Health Monitoring (DOI: 10.25646/8862).
Die Arbeitsgruppe konnte 3.546 Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren über einen Zeitraum von elf Jahren bis in das junge Erwachsenenalter nachverfolgen. Zu Erhebungszeitpunkt für diese Studie waren die Teilnehmer 21 bis 31 Jahren alt (Durchschnittsalter 25,0 Jahre). 55,4 Prozent waren Frauen und 44,6 Prozent Männer.
Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen der KiGGS-Studie des RKI. Diese gliedert sich in drei Abschnitte: Auf die KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006) folgten bisher zwei weitere Erhebungen, KiGGS Welle 1 (2009–2012) sowie KiGGS Welle 2 (2014–2017). Den vorliegenden Analysen liegen zwei Beobachtungszeitpunkte zugrunde, die KiGGS-Basiserhebung und die KiGGS Welle 2.
Zusammenfassend zeigen die vorliegenden Daten laut dem Forschungsteam, dass psychische Auffälligkeiten sowie Risiko- und Schutzfaktoren in Kindheit oder Jugend mit der späteren psychischen Gesundheit, Lebenszufriedenheit und Lebensqualität, dem Bildungserfolg und dem Gesundheitsverhalten sowie der sexuellen und reproduktiven Gesundheit in engem Zusammenhang stehen.
Dabei unterscheiden die Forscher zwischen internalisierenden und externalisierenden Auffälligkeiten. Zu den internalisierenden Auffälligkeiten zählen sie mehr nach innen gerichteten Erlebensweisen, zum Beispiel Ängstlichkeit, Schüchternheit, Niedergeschlagenheit, Grübeln, häufiges sich Sorgen machen, häufiges Weinen und auch soziale Schwierigkeiten im Umgang mit Freunden und anderen Gleichaltrigen.
„Eher nach außen gerichtete, expansive Verhaltensweisen wie motorische Unruhe, starke Ablenkbarkeit und Aufmerksamkeitsprobleme, häufiges Brechen und Stören anderer oder aggressives und dissoziales oder regelbrechendes Verhalten bis hin zur Delinquenz werden auch als externalisierende Auffälligkeiten bezeichnet“, erläutern die Autoren.
Teilnehmende, die als Kinder oder Jugendliche internalisierende Auffälligkeiten hatten, weisen als junge Erwachsene laut der Studie eine geringere allgemeine Lebenszufriedenheit und eine geringere körperliche und psychische Lebensqualität auf. „Sie zeigen eine im Durchschnitt schlechtere allgemeine psychische Gesundheit, mehr depressive Symptomatik und eine höhere Wahrscheinlichkeit für Essstörungssymptome“, so die Forscher.
Internalisierende Auffälligkeiten sind nach den Daten der KiGGS-Kohorte aber nicht signifikant mit dem Bildungserfolg assoziiert. Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Panikstörung im jungen Erwachsenenalter sei damit nicht verbunden. Ebenso bestünden keine erhöhten Risiken zu rauchen oder für riskanten Alkoholkonsum.
Die Wahrscheinlichkeit, im jungen Erwachsenenalter in einer festen Partnerschaft zu sein, sei für Teilnehmer mit internalisierenden Auffälligkeiten in Kindheit oder Jugend signifikant geringer als für nichtauffällige Teilnehmende der Studie.
Externalisierende Auffälligkeiten in Kindheit oder Jugend sind laut der Studie mit einer schlechteren allgemeinen psychischen Gesundheit, mehr depressiver Symptomatik und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Essstörungen im jungen Erwachsenenalter verbunden.
„Sie sind signifikant mit einer geringeren allgemeinen Lebenszufriedenheit sowie mit einer geringeren körperlichen Lebensqualität im jungen Erwachsenenalter assoziiert“, so die Autoren. Diese Teilnehmer weisen im jungen Erwachsenenalter höhere Wahrscheinlichkeiten für einen niedrigeren Bildungsstatus auf und dafür, Raucher zu sein. Zusammenhänge mit riskantem Alkoholkonsum fanden die Forscher aber nicht.
„Die Ergebnisse dieser Analysen legen die Notwendigkeit früher Prävention und Intervention bei Vorliegen psychischer Auffälligkeiten in Kindheit oder Jugend nahe, um die vielfältigen Risiken für die Betroffenen im Erwachsenenalter abzumildern“, lautet ein Fazit der Wissenschaftler.
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