Schwangerschaft: Warnung vor kinderschädigenden Medikamenten

Berlin – Auch 60 Jahre nach dem Conterganskandal werden die Risiken von bestimmten Arzneimitteln für ungeborene Kinder offenbar nicht immer ausreichend berücksichtigt. Das zeigt eine neue Untersuchung der Barmer.
Demnach wurden 2018 allein in Berlin rund 46.000 Frauen im gebärfähigen Alter Arzneimittel verordnet, die ein potenzielles Missbildungsrisiko gehabt hätten. Das seien 5,3 Prozent der Frauen dieser Altersgruppe. Bundesweit betreffe dies rund 1,3 Millionen Frauen.
Nach den Worten der Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg, Gabriela Leyh, erfolgt eine ärztliche Beratung zur Medikation bei den meisten Schwangeren zu spät, da Fehlbildungen beim Embryo bereits in den ersten Schwangerschaftswochen entstehen könnten.
Für die Studie wertete die Barmer nach eigenen Angaben Daten von mehr als 66.000 Frauen mit Entbindung im Jahr 2018 aus. Die Ergebnisse seien repräsentativ auf die Bevölkerung in Deutschland hochgerechnet und durch eine repräsentative Online-Befragung mit mehr als 1.200 versicherten Frauen ergänzt worden.
Bei den beanstandeten Wirkstoffen handelt es sich nach Angaben der Krankenkasse um so genannte Teratogene. Sie seien in einer großen Bandbreite von Arzneimitteln enthalten und können bei der Einnahme während der Schwangerschaft zu Missbildungen beim ungeborenen Kind oder Fehlgeburten vor allem in den ersten Schwangerschaftswochen führen.
Grundsätzlich sei die Einnahme von Teratogenen vor der Schwangerschaft nicht das Problem. „Spätestens nach Eintritt der Schwangerschaft sollten Teratogene aber tabu sein“, sagte Leyh.
Laut Barmer erfahren die meisten Frauen in der fünften Schwangerschaftswoche von ihrer Schwangerschaft. In der siebten Woche erfolgt im Mittel die erste Besprechung der Arzneimitteltherapie beim Gynäkologen oder der Gynäkologin.
Die Organe des Embryos seien jedoch schon in der achten Schwangerschaftswoche angelegt. Folglich müsse die Sicherheit der Arzneimitteltherapie schon vor der Schwangerschaft gewährleistet sein.
Frauen im gebärfähigen Alter sollten nach Ansicht der Barmer einen Rechtsanspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan erhalten. Bisher bestehe ein solcher nur für Versicherte bei einer Dauermedikation mit mindestens drei Medikamenten.
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