Vermischtes

Sicherungsverwahrter klagt erfolgreich gegen Fesseln im Krankenhaus

  • Mittwoch, 1. März 2023
/picture alliance, Armin Weigel
/picture alliance, Armin Weigel

Karlsruhe – Ein Sicherungsverwahrter aus Nordrhein-Westfalen, der bei einem viertägigen Krankenhausauf­enthalt nahezu ununterbrochen gefesselt war, hat sich dagegen erfolgreich in Karlsruhe gewehrt. Seine Ver­fassungsbeschwerde sei offensichtlich begründet, teilte das Bundesverfassungsgericht heute mit. Der Mann sei in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden (Az. 2 BvR 1719/21).

Der Kläger war nach zehn Jahren Haft im Februar 2020 zur Sicherungsverwahrung in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Werl gekommen. Gut ein halbes Jahr später musste der gesundheitlich beeinträchtigte Mann für eine Operation ins Universitätsklinikum Dortmund.

Dort war er mit Ausnahme der Zeit in Vollnarkose 96 Stunden lang an den Händen oder an den Füßen ge­fesselt – bei der Voruntersuchung, im OP-Vorraum, beim Aufwachen und bei Spaziergängen mit zwei Bewaff­neten.

Der Mann war dagegen gerichtlich vorgegangen. Er habe wegen der Fesselung Schmerzen gehabt und nicht richtig schlafen können. Im Liegen habe er sich nicht drehen oder die Beine anwinkeln können, weil er mit einer Fußfessel an den Bettrahmen gefesselt war.

Das Landgericht Arnsberg hatte die Fesselung für verhältnismäßig gehalten. Weil offen gewesen sei, wie lange die Sicherungsverwahrung dauern würde, sei eine gewisse Fluchtmotivation anzunehmen. Die Situation im Krankenhaus sei unvorhersehbar gewesen, und die JVA habe noch keine Erfahrung mit dem Mann bei Transporten gehabt.

Anders nun Karlsruhe: Nach Auffassung der Verfassungsrichter hätte das Landgericht darauf achten müssen, ob sämtliche alternativen Maßnahmen ausgeschöpft wurden. So habe es nahegelegen, die Zahl der JVA-Be­amten zu erhöhen, um zumindest zeitweise auf die Fesseln verzichten zu können.

Und es hätte berücksichtigt werden müssen, dass das vorherige Verhalten des Mannes keinerlei Anlass für Beanstandungen gab und dass seine Erkrankungen einen Fluchtversuch auch erschwert hätten. Das Land­gericht muss sich nun noch einmal mit dem Fall befassen und das beherzigen.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung