Stiftung Warentest prüft Onlineprogramme bei psychischen Erkrankungen

Berlin – Einige Onlineprogramme gegen Depressionen können Betroffenen helfen. Dieses Urteil trifft die Stiftung Warentest, die für ihre Zeitschrift Test acht Angebote prüfte und vier davon als empfehlenswert einstufte. Sie überzeugten demnach beim Konzept, auch Studien hätten die Wirksamkeit der Programme belegt.
Drei weitere Onlineangebote sind demnach „eingeschränkt empfehlenswert“. Für ein Programm einer großen Krankenkasse gab es keine Bewertung, weil die Tester nach eigenen Angaben keinen Zugang für die Untersuchung bekamen. Die Testergebnisse wurden in der aktuellen Juli-Ausgabe der Zeitschrift Test und online unter www.test.de/online-psychotherapie veröffentlicht.
Onlineprogramme gegen Depressionen bieten oft mehrere Module an, die Anwender ein- bis zweimal pro Woche bearbeiten. Viele Programme stützen sich stark auf die kognitive Verhaltenstherapie. Die Bearbeitung geschieht größtenteils schriftlich, aber auch über interaktive Elemente wie Videos. Nutzer werden häufig direkt angesprochen, bekommen Hintergrundinformationen und Fragen.
Nach Angaben der Stiftung Warentest prüften zwei psychotherapeutische Gutachter die Angebote unter anderem in Anlehnung an Qualitätskriterien der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen und der Bundespsychotherapeutenkammer.
Wichtig sei bei der Prüfung auch gewesen, ob die Programme auf wissenschaftlich anerkannten Verfahren beruhen, ob Inhalte und Einsatzgebiete (wie Symptome und Schweregrad) transparent benannt werden und wie die Entwickler qualifiziert sind.
Die Gutachter berücksichtigten nach Angaben der Stiftung auch Aspekte der Patientensicherheit, etwa ob Anbieter zu den Grenzen und Risiken der Programme informieren. Zu diesem Prüfpunkt zähle auch, ob es Mechanismen wie regelmäßig auszufüllende Fragebögen gibt, um psychische Krisen frühzeitig zu erkennen – und ob dann klare Hinweise erfolgen, wie Betroffene schnell persönliche Hilfe finden. Auch weitere Aspekte wie Finanzierung, Nutzereinbindung und -freundlichkeit seien in das Urteil eingeflossen.
Die Stiftung Warentest weist explizit darauf hin, dass die meisten Angebote nicht für schwere Depressionen gedacht sind. Auch für die genaue Diagnose seien Ärzte und Psychotherapeuten vor Ort wichtig.
Die Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung Barbara Lubisch findet grundsätzlich gut, dass die Stiftung Warentest Online-Programme bei psychischen Erkrankungen nach transparenten Kriterien bewertet. Denn in diesem Bereich gebe es „viel Selbstgestricktes, was absolut nicht empfehlenswert ist“.
Indikation müssen Ärzte und Psychotherapeuten stellen
Sehr wichtig sei allerdings, dass Ärzte und Psychotherapeuten eine Indikation für solche Onlineprogramme stellten. Wenn Krankenkassen ohne eine solche Indikation für die Programme zahlten, oder sie gar offensiv anböten, sei dies nicht in Ordnung.
„Da maßen sich Krankenkassen an, über die Behandlung von beispielsweise Patienten mit Depressionen zu entscheiden – das geht nicht“, erklärt die Psychotherapeutin. Sie wehre sich auch dagegen, dass Onlineprogramme als Psychotherapie bezeichnet würden, denn Therapie sei die Behandlung von krankheitswertigen Störungen.
Grundsätzlich kann sich die DPtV-Vorsitzende die Verwendung von Onlineinterventionen begleitend zur Psychotherapie vorstellen, beispielsweise über eine Verordnung als Hilfsmittel. Auch sollten Ärzte und Psychotherapeuten ihren Patienten Onlineinterventionen als niederschwellige Maßnahme empfehlen können, „wenn sie sie vorher gesehen haben“, so Lubisch.
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