Vermischtes

USA/Kanada: Hersteller nimmt ALS-Medikament Relyvrio vom Markt

  • Freitag, 5. April 2024
/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Uncredited
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Cambridge/Massachusetts – Amylyx Pharmaceuticals hat das umstrittene Medikament Relyvrio in den USA vom Markt genommen. Auch in Kanada soll das wirkstoffgleiche Albrioza nicht mehr angeboten werden.

Der US-Hersteller zog damit die Konsequenzen aus den enttäuschenden Ergebnissen einer Phase-3-Studie, in der das Kombinationspräparat die Prognose von Patienten mit amyotropher Lateralsklerose (ALS) nicht ver­bes­sert hatte.

Die Arzneimittelbehörden FDA und Health Canada hatten das Medikament 2022 auf der Basis einer Phase-2-Studie zugelassen, statt wie sonst üblich die Ergebnisse der Phase-3-Studie abzuwarten. Sie hatten damit dem Druck der Patientenverbände nachgegeben, die in der Wirkstoffkombination die einzige Hoffnung für die Patienten sahen.

Dabei hatte die Kombination der beiden Wirkstoffe Phenylbutyrat und Taurursodiol, die den Untergang der Motoneurone verhindern sollen, in der Phase-2-Studie CENTAUR den Verlust der motorischen Fähigkeiten nur leicht verlangsamt, aber nicht aufgehalten.

Die minimale Wirkung sollte sich in der Phase-3-Studie Phoenix nicht bestätigen. Wie der Hersteller Mitte März bekannt gab, war nach 48 Wochen Behandlung mit Phenylbutyrat/Taurursodiol kein signifikanter Vorteil im primären Endpunkt ALSFRS-R (ein Maß für die motorischen Symptome) gegenüber der Placebogruppe erkennbar. Auch in keinem der zahlreichen sekundären Endpunkte wurden signifikante Hinweise auf eine Wirksamkeit gefunden.

Der Hersteller kommt mit der freiwilligen Rücknahme dem drohenden Entzug der Lizenz durch die beiden Zulassungsbehörden zuvor, die den Verkauf des teuren Medikaments sonst wohl verboten hätten. Nach Re­cherchen der New York Times sind seit der Zulassung in den USA etwa 4.000 Patienten mit Relyvrio behan­delt worden mit Kosten von jeweils 158.000 US-Dollar pro Jahr.

Patienten, die das Medikament derzeit in den USA und Kanada einnehmen und in Absprache mit ihrem Arzt die Behandlung fortsetzen möchten, sollen das Medikament weiterhin erhalten können und zwar kostenfrei, wie das Unternehmen in einer Erklärung mitteilte.

Für Amylyx Pharmaceuticals ist die Rücknahme ein wirtschaftliches Fiasko. Relyvrio/Albrioza war das einzige zugelassene Medikament des Unternehmens. Laut der Wirtschaftspresse muss der Hersteller etwa 70 Prozent seines Perso­nals entlassen.

Die Hoffnungen ruhen nun auf dem Ausgang von zwei Studien, in denen Phenylbutyrat/Taurursodiol bei Pa­tienten mit Wolfram-Syndrom und der progressiven supranukleären Parese erprobt wird, zwei verwandten neurodegenerativen Erkrankungen. Mit dem Antisense-Oligonukleotid AMX0114 hat Amylyx Pharmaceuticals einen weiteren Wirkstoff zur Behandlung der ALS in der klinischen Erprobungsphase.

rme

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