Vermischtes

Verbände gegen Meldung von Fahruntüchtigkeit

  • Montag, 23. Januar 2023
/picture alliance, Matthias Balk
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Goslar – Automobilverbände haben sich gegen eine Meldepflicht von fahrungeeigneten Personen durch Ärzte aus­gesprochen. Es gebe bereits in Ausnahmefällen Möglichkeiten für Ärzte, Hinweise an Fahrerlaubnisbehör­den wei­ter­zugeben, teilte etwa der Automobilclub von Deutschland (AVD) vor dem Verkehrsgerichtstag mit, bei dem das Thema besprochen wird. Der AVD betonte, dass es sich um ein sensibles Thema handele, „das in einer alternden Gesellschaft an Relevanz gewinnt“.

Der Automobilclub ist damit gegen eine Änderung der bisherigen Rechtspraxis. Er befürwortete allerdings die För­derung regelmäßiger freiwilliger Seh- und Reaktionstests oder auch Pkw-Sicherheitstrainings. Deren Ergeb­nisse müssten allerdings vertraulich bleiben, teilte der AVD mit.

Ohnehin hätten Ärzte bereits die Möglichkeit, fahrungeeignete Personen den Behörden zu melden, wenn sie „Gefahr in Verzug“ feststellen. Der AVD bezieht sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1968. Demnach dürfen Ärzte in Ausnahmefällen die Schweigepflicht brechen. Dazu müssen sie zuerst den Pa­tienten über seine Erkrankung und die damit verbundenen Gefahren des Autofahrens aufklären.

Untersuchungen zeigten zudem, dass viele ältere Autofahrer in der Lage seien, auftretende Leistungseinbußen auszugleichen – etwa durch vorsichtigeres Fahren oder Verzicht auf das Fahren bei Dunkelheit oder schlech­tem Wetter. „Es überrascht daher nicht, dass Senioren nach der Statistik am Verkehrsunfallgeschehen unter­proportional beteiligt sind“, hieß es.

Über das Thema sprechen Fachleute von übermorgen bis zum 27. Januar beim Verkehrsgerichtstag in Goslar. Er zählt zu den wichtigsten Treffen von Fachleuten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland.

Besonders im Fokus stehen beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag unter anderem auch die Themen Haftung von KI-gesteuerten Autos und Promillegrenzen bei E-Scootern. Der Kongress endet traditionell mit Empfeh­lungen an den Gesetzgeber.

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) befürchtet, dass eine Meldepflicht das Vertrauensverhältnis zwi­schen Arzt und Patienten stark gefährde und im Zweifel dazu führe, „dass diese eine behandlungsbedürf­tige Beein­trächtigung aus Angst vor dem Führerscheinverlust nicht offen schildern“.

Zudem gibt der ADAC zu bedenken, dass nicht jeder Befund eindeutig mit Blick auf die Fahreignung sei. Er plädiert deshalb für die Schaffung einer Stelle für verkehrsmedizinische Fragestellungen, bei der sich Patien­ten eine zweite Meinung einholen können.

Auch die Knüpfung der Fahrerlaubnis an regelmäßige Untersuchungen lehnt der Automobilclub ab. „Was sollte da­bei geprüft werden? Hör- und Sehtests würden nicht ausreichen“, sagte der Leiter der juristischen Zentrale beim ADAC, Markus Schäpe. Es müssten weitere Eigenschaften wie Konzentrationsvermögen oder Reaktions­geschwindig­keit komplex untersucht werden. Zudem seien etwa in Italien, wo es ein derartiges System gibt, Senioren nicht weniger an Unfällen beteiligt als in Deutschland.

Der Münchener Rechtsanwalt Michael Pießkalla, der zu dem Thema in Goslar referieren wird, meint, es sei schwer zu beurteilen, ab wann eine Meldepflicht gelten solle. „Letztlich kann es meines Erachtens nicht dem Ermessen des Arztes überlassen bleiben, welche Krankheitsbilder er meldet“, sagte er.

Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sprach sich für eine Beratungsstelle aus, die Ärzten im konkreten Fall zur Seite stünde. Eine solche Stelle könne bei Ärztekammern angesiedelt werden.

dpa

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