Vermischtes

Verordnungszahlen für testosteronhaltige Arzneimittel explodieren

  • Donnerstag, 25. September 2025
/mbruxelle, stock.adobe.com
/mbruxelle, stock.adobe.com

Berlin – Zwischen 2005 und 2023 sind die Verordnungen testosteronhaltiger Arzneimittel um 415 Prozent gestiegen. Das berichtet eine Bremer Arbeitsgruppe im neuen Bulletin zur Arzneimittelsicherheit (Ausgabe 3, September 2025).

„Da es nicht plausibel erscheint, dass sich die Prävalenz der zugrunde liegenden Indikationen in diesem Ausmaß geändert hat, liegt der Verdacht nahe, dass der starke Anstieg in Teilen auf einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch zurückzuführen sein könnte“, schreibt das Forschungsteam.

Testosteronhaltige Arzneimittel sind hauptsächlich zur Behandlung des männlichen Hypogonadismus mit klinischen Symptomen und labortechnisch mehrfach bestätigtem Testosteronmangel zugelassen. Einige Präparate können zudem zur Behandlung der chronischen Form der aplastischen Anämie, eines übermäßigen Längenwachstums und der Pubertas tarda eingesetzt werden, also dem verspäteten Einsetzen der Pubertät.

Datenbasis der neuen Studie ist die pharmakoepidemiologische Forschungsdatenbank GePaRD, die Abrechnungsdaten von rund 25 Millionen gesetzlich Krankenversicherten enthält, die bei einer von vier teilnehmenden Krankenkassen versichert waren.

Die Ergebnisse zeigen: Zwischen 2009 und 2021 stieg die altersstandardisierte Verordnungsprävalenz von 2,20 auf 3,44 pro 1.000 Jungen und Männer – ein Zuwachs von 50 Prozent. Den stärksten relativen Anstieg verzeichneten die 20- bis 29-Jährigen mit 118 Prozent, den geringsten die 30- bis 39-Jährigen mit 38 Prozent. Am höchsten war die Prävalenz durchgehend in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen.

Während 2009 intramuskuläre Präparate dominierten, stiegen bis 2021 die transdermalen Verordnungen an und erreichten ein ähnliches Niveau. Orale Präparate spielten kaum eine Rolle.

Die regionale Analyse für 2021 ergab erhebliche Unterschiede: In dem Kreis mit dem höchsten Verordnungsvolumen lag die altersstandardisierte tägliche Dosis (DID) bei 5,537 pro 1.000, im Kreis mit der niedrigsten nur bei 0,642. Damit war die höchste Rate neunmal so hoch wie die niedrigste. Hohe Werte zeigten sich unter anderem in Halle (Saale), Rosenheim, Nordfriesland, Soest und Wolfsburg.

Insgesamt wurden im Beobachtungszeitraum 54.567 Neunutzer identifiziert. Am häufigsten stellten Urologen die Erstverordnungen aus, ihr Anteil stieg von 55 Prozent im Jahr 2009 auf 67 Prozent im Jahr 2021. Hausärzte lagen an zweiter Stelle.

Bei der Codierung relevanter Diagnosen zeigte sich, dass bei 36 Prozent der im Jahr 2021 neu behandelten Männer (n=3.215) keine Diagnose dokumentiert war, die auf eine zugelassene Indikation hindeutete. Bei den Fällen mit Diagnosecodes fand sich in 97 Prozent ein Hypogonadismus-Code. Bei diesen lag aber nur bei 62 Prozent die geforderte doppelte Testosteronmessung vor.

Ähnliche Anstiege wurden laut dem Forschungsteam in einigen anderen Ländern beobachtet und führten zu Diskussionen, ob es sich zum Teil um einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch handeln könnte, beispielsweise für den Muskelaufbau im Sport oder bei altersbedingtem Libidoverlust.

„Ob sich dieser Verdacht für Deutschland bestätigt, lässt sich aus dieser Studie zwar nicht direkt beantworten, aber es zeigten sich – neben dem starken Anstieg der Verordnungsprävalenz insgesamt – weitere Auffälligkeiten, die in diese Richtung deuten könnten“, schreibt die Forschungsgruppe im Fazit ihrer Studie.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung