Versorgungsansprüche bei Strahlenschäden durch sowjetische Atomtests

Kassel – Strahlenschäden durch Atomwaffentests der früheren Sowjetunion können bei Spätaussiedlern zu Versorgungsansprüchen in Deutschland führen. Dafür muss der Zusammenhang mit der radioaktiven Strahlung aber ausreichend wahrscheinlich sein, wie das Bundessozialgericht (BSG) heute in Kassel entschied (Az: B 9 V 2/18).
Die heute 64-jährige Klägerin war 1979 als Spätaussiedlerin nach Deutschland gekommen. Ihre Eltern waren nach dem Krieg 1945 nach Sibirien verschleppt und dann 1956 in die Nähe von Semipalatinsk im heutigen Kasachstan umgesiedelt worden.
Etwa 150 Kilometer westlich befand sich das sowjetische Atomwaffentestgelände, wo von 1949 bis 1991 nukleare Bombentests durchgeführt wurden. Die Zeit dort wurde in Deutschland als „politischer Gewahrsam“ nach dem Häftlingshilfegesetz anerkannt.
Zunächst erfolglos beantragte die Aussiedlerin eine Beschädigtenversorgung. Unter anderem wegen der Atomtests habe sie in Kasachstan verschiedene körperliche und seelische Erkrankungen erlitten. Während des Klageverfahrens erkannte die Versorgungsbehörde des Landes Niedersachsen eine Schilddrüsenunterfunktion als strahlenbedingte Schädigungsfolge an.
Hierzu urteilte nun das BSG, dass die Aussiedlerin zum geschützten Personenkreis nach dem Häftlingshilfegesetz gehört. Auch gelte die Strahlenbelastung durch die sowjetischen Atomwaffentests als „ein mit dem politischen Gewahrsam wesentlich zusammenhängendes schädigendes Ereignis“.
Für die neben der Schilddrüsenunterfunktion geltend gemachten Gesundheitsschäden sei in diesem Fall allerdings ein Zusammenhang mit den Atomtests „nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen“. Nach einem in erster Instanz eingeholten Gutachten sei ein solcher Zusammenhang eher unwahrscheinlich.
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