Vermischtes

Wachsamkeit wegen Krankheiten wie Chikungunya geboten

  • Donnerstag, 19. Juni 2025
/picture alliance, Xinhua News Agency
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Berlin – Für Infektionskrankheiten, die relativ neu auch in der Bevölkerung in unseren Breiten auftreten können, braucht es ein größeres Bewusstsein. Jede Beobachtung zähle, um das wahre Ausmaß des bisherigen Vorkommens besser zu verstehen, appellierte die Tropenmedizinerin Camilla Rothe von der LMU München Ende vergangener Woche beim Symposium Reise- und Impfmedizin im Auswärtigen Amt in Berlin.

Als Beispiele für Krankheiten mit gestiegener Bedeutung nannte Rothe in ihrem Vortrag über Emerging Infectious Diseases (EID) das Denguefieber, Chikungunya, Oropouche, das West-Nil- und das Krim-Kongo-Fieber. EID seien Infektionskrankheiten, die entweder neu in einer Population aufgetreten sind oder bereits existieren, deren Häufigkeit, geografische Verbreitung oder Schwere jedoch zunimmt.

„Intensive Surveillance ist das, was wir brauchen“, betonte Rothe, auch mit Blick auf die Ausbreitung der Vektoren in Europa. Sie rief zu Aufmerksamkeit auf, wenn es um ungewöhnliche Beobachtungen bei Patientinnen und Patienten gehe.

Großer Ausbruch von Chikungunya

Chikungunya halte uns „momentan sehr in Atem“, sagte Rothe mit Blick auf einen Ausbruch in diesem Jahr im französischen Überseegebiet La Réunion und benachbarten Regionen. Eine weitere Ausbreitung sei abzusehen.

Bei Reiserückkehrenden aus diesen Gebieten gelte es, die Augen offen zu halten und weiter zu testen, wenn die Dengue-Diagnostik negativ ausfalle: „Denken Sie auch an Chikungunya“, appellierte Rothe. Für zwei inzwischen verfügbare Chikungunya-Impfstoffe stehe eine Stellungnahme der Ständigen Impfkommission (STIKO) noch aus.

Erst vor einigen Tagen hatte das CRM Centrum für Reisemedizin von gut einem Dutzend bestätigten reiseassoziierten Fällen in europäischen Ländern berichtet und zu erhöhter Wachsamkeit gemahnt. Der europäischen Seuchenschutzbehörde ECDC zufolge wurden weltweit seit Jahresbeginn und bis Anfang Juni rund 220.000 bestätigte Fälle aus 14 Ländern und Gebieten gemeldet.

Zunahme von West-Nil-Fieber in Südeuropa

Auch an südeuropäischen Urlaubsorten können Reisende aus Deutschland inzwischen mit Krankheitserregern in Kontakt kommen, die hierzulande bisher noch in geringerem Umfang auftreten: Mit Blick auf das West-Nil-Virus hob Rothe hervor, dass etwa die Fall- und Todeszahlen von 2024 in Spanien eine sehr hohe Dunkelziffer nahelegten.

Beachten müsse man auch das Krim-Kongo-Fieber, das unter anderem durch Stiche von Hyalomma-Zecken übertragen wird und das eine hohe Sterblichkeit aufweise: Es gebe inzwischen ebenfalls Fälle in Spanien und vereinzelt auch in Portugal, nachdem früher beispielsweise Bulgarien und die Türkei betroffen gewesen seien, schilderte die Medizinerin.

Die Hylomma-Zecke breite sich aus und sei auch in Deutschland schon gefunden worden. Allerdings sei nicht nachgewiesen, ob sich bereits Vermehrungszyklen etabliert hätten.

Einen klar steigenden Trend verzeichne man auch beim Dengue-Fieber, sagte Rothe. Die Vektoren seien auch in Europa auf dem Vormarsch. Erst kürzlich warnte eine Arbeitsgruppe, dass die Auswirkungen der Erkrankung hierzulande unterschätzt würden, das Deutsche Ärzteblatt berichtete.

Das vor allem von Gnitzen übertragene Oropouche-Virus stelle mit Symptomen wie Fieber und Kopfschmerzen eine wichtige Differenzialdiagnose etwa zu Dengue und Chikungunya dar, schilderte Rothe. Neu seien Ausbrüche außerhalb der bekannten Regionen, zum Beispiel auf Kuba. Mögliche Hinweise auf Fehlbildungen bei Kindern infizierter Mütter müssten noch weiter untersucht werden.

Faktoren hinter den Ausbrüchen und dem Bedeutungszuwachs von EIDs seien etwa das globale Bevölkerungswachstum und das Erschließen neuer Lebensräume, der Klimawandel und internationales Reisen, aber auch politische und soziologische Gründe wie das Verweigern von Impfungen, sagte Rothe.

Mpox: Noch viele Unklarheiten um Klade Ib

Zur Situation bei Mpox (früher: Affenpocken) berichtete Christina Frank vom Robert-Koch-Institut (RKI), dass es schwierig zu beurteilen sei, inwieweit bei den Subkladen (Klade I und II, mit je Subklade a und b) Unterschiede hinsichtlich der Krankheitsschwere und Übertragbarkeit bestehen. Dazu ließen sich aus Surveillancedaten aus unterschiedlichen afrikanischen Ländern wegen möglicher Verzerrungen nur begrenzt Schlussfolgerungen ziehen.

Klade Ib war 2023 entdeckt worden, sie tritt vor allem in Teilen der Demokratischen Republik Kongo und Ostafrika auf. Seit dem vergangenen Jahr kam es Frank zufolge „vereinzelt“ zu reiseassoziierten Fällen auch außerhalb Afrikas, allerdings bei Weitem nicht in dem Umfang wie beim großen Ausbruch der Klade IIb, der 2022 begann. Damals waren vor allem Männer betroffen, die Sex mit Männern haben.

Die künftige Rolle von Klade Ib lässt sich der RKI-Expertin zufolge noch nicht abschließend beurteilen. Allgemein sei es wichtig, Mpox im Kontext anderer sexuell übertragbarer Krankheiten zu sehen, betonte Frank. Insbesondere durch multiple Partner könnten sich Infektionsketten verlängern. Früher sei dies häufiger durch eine noch bestehende Immunität durch die Pockenimpfung begrenzt worden.

Für Deutschland sei die Überlegung, ob die Mpox-Impfung auch für Frauen mit vielen Partnern empfohlen werden sollte, sagte Frank. Die STIKO empfiehlt diese Männern ab 18 Jahren, die Sex mit Männern haben und dabei häufig die Partner wechseln, und außerdem Personal in Speziallaboratorien. Eine Postexpositionsprophylaxe (nach Mpox-Exposition) empfiehlt die STIKO asymptomatischen Erwachsenen.

Lage bei aviärer Influenza in den USA erscheint ruhiger

Zum Ausbruch der hochpathogenen Vogelgrippe H5N1 in den USA berichtete Silke Buda, ebenfalls vom RKI, dass sich die Zahl der bei Menschen erfassten Fälle nach wie vor auf 70 belaufe. „Es sieht im Moment so aus, als hätte sich die Situation etwas beruhigt“, sagte Buda.

Unter Kontrolle sei die Lage aber sicherlich noch nicht. Den US-Daten zufolge seien auch die bestätigten Fälle in Rinder- und Geflügelfarmen in den vergangenen Monaten zurückgegangen – in diesem Umfeld hatten sich die meisten Menschen infiziert.

ggr

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