Vermischtes

Wissenschaftler: Dengue-Fieber verbreitet sich in Europa

  • Donnerstag, 7. September 2023
/picture alliance, Photoshot
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Berlin – Zehn bestätigte Fälle von lokal übertragenem Denguefieber vermelden die italienischen Behörden bis gestern. Demnach gibt es sieben Fälle in der Provinz Lodi, einen Fall in der Provinz Rom sowie zwei wei­tere Fälle in der Provinz Latina. Möglicherweise liegt die Dunkelztiffer infizierter jedoch höher.

Ein Großteil der Infektionen verlaufe asymptomatisch, erläuterte Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin am Uniklinikum Tübingen. Das sei anders als bei Malaria, wo Betroffene schnell sehr krank würden. „Die Ausbreitung von Dengue ist fast nicht aufzuhalten“, so Kremsner. Übertragungsketten könnten wegen fehlender Sichtbarkeit nicht unterbrochen werden.

Auch in Endemiegebieten ist die Krankheit mittlerweile häufiger. Laut Angaben von Ärzte ohne Grenzen ist Dengue-Fieber heute 30 Mal häufiger als noch vor 50 Jahren. Und auch in Endemiegebieten ist die Krankheit häufiger geworden, so etwa in Bangladesch mit 120.000 gemeldeten Fällen bis Ende August in diesem Jahr.

Dengue mit Bakterien bekämpfen

Eine neue Methode, das Virus zu bekämpfen, setzen Ärzte ohne Grenzen, das honduranische Gesundheits­mi­nis­terium, die Nichtregierungsorganisation World Mosquito Program und die Universidad Nacional Autónoma de Honduras aktuell in Honduras ein. Dabei wird die Gelbfiebermücke mit dem Bakterium Wolbachia infiziert. Das soll die Fähigkeiten der Mücken, Arboviren zu übertragen, vermindern.

In Europa sind kleine Ausbrüche von Dengue-Fieber ebenfalls nicht neu: „Seit 2010 werden in südeuropäi­schen Ländern regelmäßig einzelne Übertragungen des Dengue-Virus registriert", sagte der Mediziner Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin in Düsseldorf.

Auf der vor Marokkos Küste liegenden portugiesischen Insel Madeira sei das Virus mittlerweile sogar dauer­haft heimisch, so die Forschenden. Längere Hitzeperioden sorgen dafür, dass das Dengue-Virus länger in den Mücken zirkulieren kann.

Medienberichten zufolge gibt es aktuell auch Ausbrüche am Gardasee. Angaben zu bestätigten Fällen finden sich jedoch nicht auf der Internetseite der italienischen Gesundheitsbehörden (Stand: 7.9.2023). Das Deutsche Ärzteblatt hat kürzlich berichtet, dass häufig verwendete Tests auf Dengue-IgM-Antikörper oftmals falsch positiv seien. Das Robert-Koch-Institut rät daher zu einer Bestätigungsdiagnostik im Blut auf das Dengue-Virus NS-1-Antigen.

Auch in Deutschland kommt die Asiatische Tigermücke vor: in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, aber auch stellenweise in Fürth, Jena oder Berlin, erklärte Christina Frank vom Robert-Koch-Institut (RKI).

Eine Übertragung von Dengue-Viren ist bislang jedoch nicht bekannt. Bei den über 1.000 Erkrankungen jährlich in der Bundesrepublik handele sich um eingeschleppte Infektionen, meist aus Südostasien. Knapp jede dritte Erkrankung wurde in Thailand erworben. so Frank.

Zwei Impfstoffe verfügbar

Eine antivirale Behandlung gegen Dengue gibt es derzeit nicht. Zugelassen sind zwei Impfstoffe. Der erste – Dengvaxia von Sanofi – ist mittlerweile jedoch auf Personen im Alter von 9 bis 45 Jahren beschränkt, die in einem Endemiegebiet leben und zuvor bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben.

Grund dafür ist, dass seronegative Geimpfte ein leicht erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben als seronegative Ungeimpfte, wie Kerstin Kling vom RKI berichtete (DOI: 10.1099/jgv.0.001831)

Der zweite – Qdenga von Takeda – wurde erst im Dezember durch die EU-Kommission zugelassen; er hat we­niger Nebenwirkungen. Allerdings sei auch hier die Wirksamkeit bei seropositiven im Gegensatz zu seronega­tiven Impflingen besser, berichtet Kling.

„Eine Serotyp-spezifische Wirksamkeit besteht im ersten Jahr nach Impfung gegen drei Dengue-Serotypen (DENV-1, DENV-2 und DENV-3), nicht allerdings gegen DENV-4.“ Ob auch bei diesem Impfstoff ein erhöhtes Risiko für schweres Dengue-Fieber nach der Impfung bei Dengue-naiven besteht könne derzeit nicht ab­schließend beurteilt werden.

In rund einem Prozent der Fälle entwickelt sich ein schweres Dengue-Fieber mit Schock, Gerinnungsstö­run­gen, Blutungen und Multiorganversagen. Warnsignale seien anhaltendes Erbrechen, Luftnot, Schleimhautblu­tungen, eine vergrößerte Leber, aber auch Verhaltensänderungen wie eine Lethargie oder Unruhe, sagte Reise­mediziner Jelinek und betont, dass schwere Verläufe meist erst bei der zweiten Dengue-Infektion auftreten.

„Eine wichtige Botschaft ist, dass die hiesige Medizin künftig viel stärker an eigentlich der Tropenmedizin vorbehaltene Krankheiten denken muss", sagt Kremsner von der Uniklinik Tübingen. Für Reisende und die behandelnden Ärzte sei es daher wichtig, einen typischen Dengue-Verlauf frühzeitig zu erkennen.

Nach einer kurzen Inkubationszeit von nur 4 bis 7 Tagen beginnt die Erkrankung meist plötzlich mit hohem Fieber, starken Gliederschmerzen und Kopfschmerzen, die hinter den Augen lokalisiert sind. Oft entwickeln die Betroffenen auch einen flächigen Hautausschlag. Meist hört das Fieber nach vier bis fünf Tagen von selbst wieder auf.

mim/kna

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