Der 24-Stundenarzt oder: Alleine im Krankenhaus
Arbeitszeitrichtlinien für den Facharzt in den USA? Fehlanzeige! Zwar gibt es bei den Assistenzärzten tatsächlich eine Begrenzung auf maximal 80-Wochenarbeitsstunden und höchtens 24 Stunden am Stück, doch ein Facharzt ist weitestgehend ohne Arbeitsgrenzen.
Diese fehlende Begrenzung der Arbeitszeit hat viele Vor- und Nachteile – in den USA sieht man die Vorteile dieser Arbeitsfreiheit inklusive der höheren Vergütung bei mehr Arbeitsstunden, die meisten Europäer sehen natürlich eher die Nachteile der Übermüdung. Die US-Einstellung rührt von einem überraschend altmodischen Arbeitsethos her; man spuckt sich in die Hände und denkt sich wie ein guter Cowboy: ͈Jungs, das Krankenhaus schmeiβe ich schon alleine, das schaffe ich”.
So bin ich also in der dritten Aprilwoche eine Woche lang in einem kleinen Landkrankenhaus eingeteilt, bei dem ich eine Woche lang, 24 Stunden am Tag, also 168 Stunden am Stück, der einzige Internist bin. Das Krankenhaus ist nicht sehr groβ, liegt direkt am Meer und Strand, direkt in einer hübschen Kleinstadt an der Westküste Floridas.
Ich wohne in einem Viersternehotel direkt in Laufnähe. Dadurch, dass das Krankenhaus so klein ist, kommen nicht allzu hochkomplexe Krankheitsfälle ins Haus und eine Verlegung ist immer problemlos in groβe Zentren in Tampa, Orlando, Gainesville oder Miami möglich. Dennoch gilt: Es gibt nur mich als Internisten, so leicht die Fälle auch sein mögen.
Wenn jemand um 3 Uhr morgens mit einer Pneumonie kommt, nehme ich ihn auf und behandele ihn, einschlieβlich Intensivstationsarbeit falls notwendig. Wenn einer um 19:30 im alkoholisierten Koma meine Hilfe braucht, bin ich zuständig. Erleidet jemand eine diabetische Ketoazidose – erneut bin ich gefragt.
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