Der Arzt verliert
Eine Gedankenskizze möchte ich hier vorstellen, nicht mehr; dieses Mal keine Geschichte, keine politische Aussage oder Gesellschaftsandeutungsanalyse.
Die Patienten, die mir im Krankenhaus als Hospitalist begegnen, gehören zu den anspruchsvollsten Menschen, denen ich als Arzt je begegnet bin. Vieles mag der US-Mentalität des "gröβer, schneller, weiter" geschuldet sein und der dauerhaften Ich-Bezogenheit des hiesigen Systems, die aber auch in Europa allenthalben anzutreffen ist und z.B. die EU aktuell in den Abgrund treibt.
Es ist verflixt: Es wird das Paternalistische des Arztes gefordert in dem Sinne, dass er allzeit verfügbar zu sein hat, dass er Führungskraft beweist und nur das Beste für seine Patientenkinder anordnet und sich für sie aufopfert. Also eine Mentalität des 19. Jahrhunderts. Die Kehrseiten wie das Anordnen, ein barscher Umgangston und wenig Kommunikation bzw. Erklärung wird aber klar abgelehnt. Demgegenüber steht aber ein Patient mit einer eine Mentalität des 20. Und 21. Jahrhunderts, der meint, dass jegliche Therapiegewalt vom Patienten auszugehen hat und selbst Kleinigkeiten wie ein Natriumspiegel erklärt werden muss, und die Erklärung noch per Goggle nachgeprüft wird.
Weiterhin hat der Patient nicht selten eine Egozentrizität, die eine Patientin mit metastasiertem Cholangiokarzinom mir gegenüber sehr direkt aussprach: „Doktor, alles muss mir erklärt werden. Denn es dreht sich alles nur um mich. Ich bin der Fokus, niemand Anderes.” Ich muβte daraufhin mehrmals schlucken.
Diese Mentalitäten sind inkongruent, wie das Dreieick und der Kreis. Es kann nur Irritation entstehen, wenn ein paternalistisch angehauchter Arzt wie ich, ein vom Selbstanspruch her aufopferungsvoller Arzt, mit Patienten des 21. Jahrhunderts zu tun hat. Die Lösung?
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