Vom Arztdasein in Amerika

Entlarvung des Krankheitsgewinners

  • Montag, 10. Dezember 2012

Es gibt eine kleine Minderheit an Patienten, die ihre Erkrankungen vortäuschen aus primärem oder sekundärem Krankheitsgewinn. So wird es im Medizinstudium gelehrt. Es klingt einleuchtend, dass Menschen aus allerlei Gründen heraus eine Erkrankung vortäuschen. Der praktisch tätige Arzt wird in solchen Fällen damit konfrontiert, diese Diagnose nicht nur zu bedenken, sondern diese Menschen auch zu erkennen, sie also zu „entlarven”. Das ist schwierig.

So geschieht es regelmäβig, dass Patienten mit einer Opiataffinität – oder gar –abhängigkeit – alleine deswegen aufgenommen werden, weil sie Opiate verabreicht bekommen wollen. Sie tragen oftmals Diagnosen chronischer Erkrankungen, deren Schübe nicht klar zu objektivieren sind. Wer schon einmal Patienten mit akuten Schüben einer chronischen Pankreatitis oder einer Sichelzellanämie aufgenommen hat, oder Patienten mit epileptischen Pseudoanfällen, Dystonien oder chronischen Bauchschmerzen behandelt hat, weiβ, dass es keine einfachen Parameter gibt, um die Schwere und auch das reale Vorhandensein festzumachen.

Noch dazu dauernd diese Frage: „Was ist, wenn es dieses Mal doch ein echter Schub ist?” Ethisch darf man ihnen kein Placebo verabreichen, ohne es ihnen mitzuteilen, und als Arzt soll man sie unvoreingenommen behandeln. So durchläuft man also den selben Kreislauf aus CT, Laborwerten, Therapie, wiederholten Untersuchungen und Konsilen, ehe man – wieder einmal – einigermaβen sicher ist, dass der Schub doch vor allem einem Krankheitsgewinn diente. In solchen Momenten wird dann das Opiat radikal abgesetzt, und der Patient geht meist gegen ärztlichen Rat, weil er „vom Arzt nicht die Therapie erhält die er braucht”. Die Diagnose ist dann gesichert – bis beim nächsten Mal der Kreislauf sich wiederholt. Und die Gesellschaft begleicht oft die Rechnung hierfür.

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