Erschwerte Zuwanderungsbedingungen für ausländische Ärzte
Viele ausländische Ärzte meinen, am Ziel angekommen zu sein, wenn sie eine Stelle zur Weiterbildung in einem amerikanischen Krankenhaus erhalten. Oft haben sie sich über Jahre auf die amerikanischen Staatsexamina vorbereitet, Kosten und Aufwand nicht gescheut, um zu Vorstellungsgesprächen in selbst ländlichen Regionen der USA zu reisen, und sind überglücklich, wenn ihnen Ende März, am sogenannten „Zuordnungstag“ („match day“), eine Stelle als Assistenzarzt im ersten Ausbildungsjahr zugewiesen wird. Sie sind somit „intern“ beziehungsweise „first-year resident“ und müssen dann nur noch die drei, vier oder fünf Jahre Weiterbildung durchlaufen, und schon sind sie Ärzte, die in den USA arbeiten dürfen.
Soweit der Traum. Doch schnell holt die Realität sie ein. Sie haben zwar eine Zusage zur Weiterbildung erhalten, doch nun gilt es, ein amerikanisches Visum zu bekommen. Das war unter Präsident Obama schon nicht sehr einfach, ist aber unter dem eher national ausgerichteten Präsidenten Trump deutlich schwieriger geworden. So gibt es mittlerweile zum Teil monatelange Wartezeiten, ehe man an einer amerikanischen Botschaft in seinem Heimatland einen Termin hat, und meistens erhält man seinen Reisepassmit dem ersehnten Visum erst im Juni, wenige Wochen bevor es in die USA geht. Alles ist bürokratischer und schwieriger geworden, mit anderen Worten.
Doch auch hier hören nicht die Schikanen auf. Man braucht oftmals Sondergenehmigungen, um die USA verlassen zu dürfen, und wenn man gerade ein H- oder J-Visum hat, die beiden gängigsten Visumsarten für Ärzte, dann zittert man jedes Mal nicht nur bei der Aus- sondern auch Einreise. Wird man wieder hereingelassen? Hat man alle Dokumente? Und viele andere ähnliche Fragen. Man wird zwar im Regelfall nicht an der Einreise gehindert, aber der Ton ist deutlich rauher und die Fragen sind im Laufe der letzten Jahre bohrender geworden.
Ist man dann Facharzt, dann hört auch hier der Ärger nicht auf, denn mit Ablauf der Weiterbildung erlischt das Recht auf Aufenthalt in den USA. Juristisch gesehen müsste man wieder in seine Heimat zurückkehren, was bei vielen ausländischen Ärzten die Rückkehr in ein Entwicklungsland bedeutet, ob nun Indien, Pakistan oder Nigeria, um einige der häufigeren Ursprungsorte ausländischer Ärzte zu nennen. Deshalb sucht man dann nach den gefühlt immer seltener werdenden Arbeitsstätten in den USA, in denen man über Jahre gefesselt ist und dann – hoffentlich – eine Grüne Karte, also eine unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung, irgendwann einmal erhält. Das kann in günstigen Fällen nach drei oder vier Jahren geschehen, in anderen Fällen durchaus zehn Jahre oder länger dauern.
Wieso ich davon schreibe?
Nun, weil ich mich mit ausländischen Ärzten sehr oft über genau dieses Problem unterhalte. Weil ich erst kürzlich, in einem Krankenhaus in Bismarck, auf einen 44-jährigen Internisten traf, der laut seinen eigenen Angaben bald schon zehn Jahre auf seine Grüne Karte wartet, gefesselt ist an diesen ländlichen Ort mitten im Nirgendwo und noch dazu massive Reisebeschränkungen hat. Er kommt aus Indien, und für Inder sind die Wartelisten für Zuteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonders lang.
Er selber überlegt mittlerweile, zurück nach Indien zu kehren, weil er mit Ende 50 dort in Rente gehen kann. 15 Jahre in Indien als Arzt zu arbeiten, um dort in seiner Heimat dann berentet zu werden, klingt für ihn allmählich angenehmer, als nochmals eine unbekannte Zeit zu warten auf den nächsten Schritt und irgendwann (nach zehn Jahren? 20?) einmal die Einbürgerung. Er scherzte sogar, dasser vorher sterben würde, ehe er US-Amerikaner wird – nicht weil er krank ist, sondern weil die Wartezeiten so langsind.
Mit anderen Worten ist die Freude dieses indischen Arztes über den Erhalt des amerikanischen Facharztes schon längst verschwunden. Wie sie auch bei vielen anderen ausländischen Ärzten schnell verfliegt, wenn sie mit der Realität der Visums- und Einwanderungsregeln konfrontiert sind.
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