Grenzen dicht in englischsprachigen Ländern?
Seit knapp zehn Jahren bin ich als Arzt tätig, von denen ein Großteil mittlerweile in den USA verbracht wurde. Manchmal überkommt mich die Reiselust und dann schreibe oder rufe ich Krankenhäuser, Gesundheitsbehörden oder Firmen in diversen englischsprachigen Ländern an, um mich dort nach einer Arbeitsmöglichkeit zu erkundigen.
Dann spreche ich mit Menschen aus Kanada, Großbritannien, Australien oder Neuseeland, wie ich das kürzlich tat. Natürlich tue ich mich etwas schwer mit deren Dialekt und Vokabular, vor allem aber bin ich hochkonzentriert, um die Details eines Arztalltages im jeweiligen Land herauszufinden. So war ich hochgespannt, als zum Beispiel vor wenigen Wochen mir ein Vermittler den Alltag in einem neuseeländischen Krankenhaus schilderte.
Solche Gespräche habe ich um 2008, dann um 2012 und nun um etwa 2016 und 2017 herum geführt und bin erstaunt beim Vergleich dieser drei Zeitperioden. Während um 2008 und 2012 eine Wanderung zwischen den jeweiligen englischsprachigen Ländern leicht schien, haben sich die Verhältnisse seither deutlich verschoben.
Unumwunden schrieb man mir, dass, je nach Land, australische, neuseeländische, kanadische oder britische Ärzte beziehungsweise Ärzte mit entsprechenden örtlichen Zulassungen deutlich bevorzugt seien. Beispielsweise teilte man mir selbst aus einer entlegenen, dünn besiedelten und ärztlich unterversorgten Region wie dem australischen Nordterritorium mit, dass es schwierig für mich sei, dort zu arbeiten, weil ich kein Australier sei.
Es sei zwar nicht unmöglich, so letztlich die Mitteilungen, aber mittlerweile mit großen Anstrengungen verbunden, in das jeweilige Land zu kommen. Etwas hat sich also deutlich verändert, Grenzen sind dichter geworden, Zuwanderung wird stärker begrenzt und die jeweiligen Länder konzentrieren sich vor allem zunächst auf ihre eigenen Ärzte. Es ist, als gäbe es eine Renationalisierungstendenz in der englischsprachigen Welt, spannend gerade deshalb, weil die meisten dieser Länder sich doch vor allem als Einwanderungsländer begreifen.
Sind Brexit und die Wahl von Donald Trump also weniger Stein des Anstoßes als Folgen dieser Entwicklung? Das soll in diesem Text nicht beantwortet werden. Da ich übrigens als Arzt sehr zufrieden in den USA bin, werde ich weiterhin auch hier bleiben und arbeiten. Gegebenenfalls frage ich einmal wieder um 2020 an und bin gespannt, wie sich dann alles bis dahin entwickelt hat.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: