Immer ältere Ärzte
Vieles ist in den USA gesetzlich geregelt, wenn es ums Älterwerden und um die Berentung geht. So kann man mit knapp 60 Jahren aus seiner privaten Rentenversicherung sein Geld abheben, also faktisch mit 59,5 Jahren in Rente gehen, kann erst mit 65 in die staatliche Krankenversicherung „Medicare“ eintreten oder muss mit 57 Jahren als FBI-Agent die zwangsweise Berentung akzeptieren. Doch bei uns Ärzten ist das (noch) nicht geregelt, und derzeit kann man an den allermeisten Arbeitsplätzen noch ohne Altersgrenze bis in die Greisenjahre hinein ärztlich tätig sein. Übrigens sind mittlerweile fast 30 Prozent aller Ärzte 60 Jahre alt oder älter und knapp zehn Prozent der gesamten amerikanischen Ärzteschaft jenseits des 70. Lebensjahres.
„Ist das gut oder ist das schlecht?“, fragen sich da nicht nur Patienten, sondern hinter vorgehaltener Hand auch Arztkollegen und Krankenpflegepersonal. Es wird dann von einer zittrigen Hand beim 76-jährigen Chirurgen gesprochen oder der Vergesslichkeit der 81-jährigen Kinderärztin, die mir zwar beide sehr sympathisch sind, bei denen ich aber selber unsicher bin, ob ich von ihnen behandelt werden möchte. Doch wenn es keine anderen Ärzte in kleinen Gemeinden gibt außer ihnen?
Dieses Problem der älter werdenden Ärzte und einer gegebenenfalls einzuführenden Zwangsberentung wird schon seit Jahren diskutiert. Spätestens seit der Publikation des Artikels „Das Ergrauen der US-Ärzte“ („The Graying of US Physicians“) von Joel M. Kupfer im Journal of the American Medical Association Anfang 2016 wurde auf dieses immer größer werdende Phänomen alter Ärzte und altersbedingt nachlassender Fähigkeiten hingewiesen. Die Ärzteschaft hatte ursprünglich für das Jahr 2018 die Veröffentlichung von Richtlinien erwartet, doch nun wurden sie auf spätere Jahre verschoben. Es gibt wohl drängendere Probleme beziehungsweise, wie ich vermute, besteht einfach die Gefahr, den sowieso schon herrschenden Ärztemangel nochmals deutlich zu verschärfen, wenn plötzlich zehn bis 15 Prozent der Ärzteschaft in Rente gehen müssen.
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