Plötzlich ausgesperrt. Oder: Der Druck auf Ärzte nimmt zu
Ich bin zur Arbeit erschienen, doch ich durfte nicht arbeiten. Man hatte meinen Ausweis gesperrt, wie ich gleich morgens beim Versuch des Zutrittes bemerkte, und mir offiziell das Recht abgesprochen, Patienten zu visitieren. Ich hatte keinen EDV-Zugang mehr, und wenn ich Pech gehabt hätte, hätte man mir für meinen Pkw einen Strafzettel gegeben, denn eigentlich hätte ich nicht mehr auf dem Personalparkplatz parken dürfen. Ich sei eine Gefahr für die Patienten, las ich in einem aus dem Kontext herausgerissenen Satzfetzen einer Nachricht, als ich schnell und etwas verdutzt mein E-Postfach aufmachte.
Was war passiert? Hatte ich Medikamente gestohlen oder einen schweren Kunstfehler begangen? War ich Opfer einer #Metoo-Kampagne geworden und hatte man mir (fälschlicherweise – das entspricht nicht meiner eher zurückhaltenden Art) Nötigung vorgeworfen? Oder hatte man mich mit einem anderen Dr. Peter Niemann verwechselt?
Der Sachverhalt war viel einfacher: Ich hatte versäumt, mir eine Impfung gegen das Influenzavirus für die Wintersaison 2018/2019 geben zu lassen und stellte somit „eine Gefahr für die Patienten dar“, war somit automatisch am 16. November gesperrt worden. Ich hatte bei meinem jüngsten Umzug wohl das Erinnerungsschreiben übersehen und in meinem stets übervollen E-Postkasten auch noch nicht alle elektronischen Nachrichten gesichtet, somit „die allerletzte Warnung“ ebenfalls übersehen.
So ging ich also, nachdem ich den Grund der Sperrung erfahren hatte, zur Apotheke und ließ mir eine Influenzaimpfung verabreichen (in den USA dürfen Apotheker sie geben). Ich zeigte die Bestätigung über die Impfung der Verwaltung, und in wenigen Minuten war alles in Ordnung. Ich durfte wieder visitieren und Menschenleben retten.
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