Schlechte Zähne
Wer in den USA wohnt und, wie ich es tue, viel mit armen Menschen Umgang hat, der stellt fest, dass es ihnen auf vielen Gebieten zwar nicht bestens, aber doch gut geht. Sie bekommen fast immer eine Unterkunft, entweder staatlich oder gemeinnützig gestellt und bezahlt, haben dank staatlicher Essensgutscheine ausreichend zu essen und sind via örtlichen Trägern, oft den Gemeinden, mobil mittels öffentlicher Transportmöglichkeiten. Arme Menschen tragen meistens gute Kleidung, die sie von gemeinnützigen Organisationen oder einfach Freunden erhalten haben und haben eine Basismedizinversorgung, entweder durch Medicaid oder bei fehlender Versicherung durch die Notaufnahmen der Krankenhäuser, denn diese müssen jeden behandeln, der zur Tür hereinkommt, ob nun krankenversichert oder nicht.
Aber an einer Sache kann man in den USA arme Menschen erkennen: Schlechte Zähnen, d.h. fehlenden Zähnen, fortgeschrittener Karies und schwerer Parodontose. Das hat natürlich auf der einen Seite mit statistisch überdurchschnittlich schlechter Zahnhygiene aufgrund niedrigerem sozioökonomischen Status zu tun (z.B. Divaris K et al, J Oral Maxillofax Surg 2012, 70: 1771-1780). Auf der anderen Seite damit, dass Zahnärzte in den USA sehr teuer sind, und sie im Gegensatz zu Krankenhäusern und vielen Ärzten keine Behandlungspflicht haben und dass Medicaid, also die Krankenversicherung für arme US-Amerikaner, eben nicht für einen Zahnarztbesuch zahlt.
Wer also wissen will, ob jemand in den USA arm ist, der möge ihn doch einmal bitten zu lächeln und zu lachen und dabei ihm in den Mund schauen – bei schlechtem Zahnstatus weiβ man, wie arm der Gegenüber in etwa ist.
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