Vom Arztdasein in Amerika

Seilspringen

  • Freitag, 16. August 2013

Derzeit versuche ich mein seit Jahren vorhandenes Übergewicht von knapp fünf Kilogramm abzuschwitzen – mein Körpermassenindex liegt bei 25,9 und liegt entsprechend per definitionem im Übergewichtsbereich. Deshalb treibe ich seit drei Wochen durchschnittlich zehn Mal pro Woche Sport, also an manchen Tagen zwei und an wenigen sogar drei Mal täglich. Es geht nur sehr langsam voran, und der Gewichtsverlust ist aktuell mehr Wunschvorstellung denn Realität.

Nun habe ich mir als Teil dieses Planes ein Springseil gekauft – nichts Besonderes, eben ein weiβes Kunststoffseil mit zwei Handgriffen an beiden Seiten, Kostenpunkt knapp drei US-Dollar. Auf dieser Internetseite kann es begutacht werden: http://www.walmart.com/ip/Gold-s-Gym-Nylon-Jump-Rope/21695201.

Als ich es aufmachte fand ich neben dem Seil auch eine zweiseitige Gebrauchsanweisung; mich überraschte es nicht, dass sie vor allem aus Warnhinweisen bestand. Von diesen will ich auszugsweise einige Sätze wiedergeben, denn sie sind typisch für die in den USA ubiquitäre Angst, juristisch belangt zu werden:

„Bevor irgendein körperliches Ertüchtigungsprogramm begonnen wird, sollte ein Arzt konsultiert werden. Dieses ist vor allem wichtig für Menschen, die älter als 35 sind oder jene mit Gesundheits­beschwerden”. Oder: „Der Eigentümer muβ alle Benutzer dieses Produktes über die korrekte Handhabung und die zu treffenden Vorsichtsmaβnahmen vor Gebrauch informieren”. Weiterhin: „Halten Sie alle Kinder unter 14 Jahren und Haustiere von diesem Produkt fern. Tragen Sie immer Augenschutz [Augenschutz bei einem Springseil! Anmerkung Petrulus]beim Gebrauch dieses Gegenstandes”. Zum Abschluss noch: „Exzessives Training kann zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod führen. Wenn Sie sich benommen fühlen oder Schmerzen verspüren, hören Sie sofort auf”. 

Mit dieser Angst vor Klagen im Nacken machen wir Ärzte täglich Visite. Ob der Rechtsanwaltdruck nun reell so gefährlich ist, wie er wahrgenommen wird, sei dahingestellt. Aber wie man selbst am Beispiel dieses kleinen Springseils sieht, hat die Angst vor juristischen Klagen die gesamte Gesellschaft durchdrungen. Sie beeinflusst natürlich den täglichen Umgang mit Patienten, und dieser omnipräsente Einfluss ist der deutlichste Unterschied zum Arbeiten in Deutschland.

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