Vom Arztdasein in Amerika

Sprachlicher Integrationszwang

  • Donnerstag, 22. März 2012

Ein ärztlicher Kollege hat 15 Jahre lang in Deutschland gelebt und einige Jahre dort als Arzt gearbeitet ehe er in seine US-Heimat zurückkehrte. Entsprechend spricht er fließend Deutsch, und wir unterhalten uns häufiger miteinander auf Deutsch

Ein interessantes Phänomen ergibt sich, wenn wir dieses in Anwesenheit nichtdeutschsprachiger Kollegen oder dem Pflegepersonal tun: Nach oft nur wenigen Sekunden werden wir unterbrochen und aufgefordert, englisch zu reden. „Wir sind in den USA“, wie kürzlich eine Kollegin es uns gegenüber lapidar begründete. Wenn wir dennoch weiter deutsch reden, ernten wir nicht nur böse Blicke, sondern werden meistens aufgefordert, das Arztzimmer zu verlassen bis wir unser „unhöfliches“ Verhalten beendet haben und wieder englisch reden, weil „alles andere inakzeptabel“ sei.

Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass es vielen deutschsprachigen Menschen hier ähnlich ergeht. Es geht manchmal so weit, dass wir deutsch nur noch im Flüsterton reden oder uns nur noch auf Englisch unterhalten, wenn wir von anderen überhört werden können. Wir wollen ja auch unseren Respekt vor dem Gastland kundtun. Weiterhin fällt mir auf, dass die überwältigende Mehrheit der Einwanderer in meiner Anwesenheit im Patientenzimmer dasselbe tut und manchmal sogar sehr gebrochen englisch dabei spricht.

Nun ein Experiment an meine Kollegen in Deutschland: Fordern Sie solch ein Verhalten von nichtdeutschsprechenden Menschen in deutschen Krankenhäusern ein! Macht das jemand? Traut man sich? Mir kommt die Mentalität in Deutschland eine andere vor: Man traut sich nicht solches einzufordern und begründet das dann vor sich selber damit, dass man höflich gegenüber dem anderen sei. Ein kleiner, aber feiner Unterschied in der Umgangsweise zwischen den beiden Ländern, der viel über uns aussagt.

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