Staatliche Arzt-Patientenkontrolle
In den Bundesrepubliken Deutschland und Österreich ist der Arzt historisch bedingt eine höhere staatliche Kontrolle gewöhnt. Jüngst z.B. sah man das darin, dass der deutsche Staat sich beim Thema der Kindesbeschneidung wie selbstverständlich einschaltete und eher weniger diskutiert wurde, dass er es tat, als auf welcher Seite er zu stehen habe. Dass in den USA der Staat historisch bedingt eine geringere Rolle regulativ ausübt, und eine Ausweitung zu heftigen Debatten führen kann, hat der aufmerksame Beobachter spätestens im Präsidentenwahlkampf 2012 wieder vorgeführt bekommen.
Es gibt seit einigen Jahren jedoch eine ganz klare Tendenz der US-amerikanischen Legislative, zunehmend das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht nur finanziell und administrativ zu reglementieren, sondern allmählich auch moralisch-juristisch Einfluss ausüben zu wollen. Ein von Steven Weinberger und Kollegen veröffentlichter Artikel (Weinberger SE et al, „legislative interference with the patient-physician relationship”, NEJM 367 (16): 1557-1559) thematisiert dieses Problem exemplarisch.
So darf z.B. ein Arzt in Florida seit 2011 nicht mehr routinemäβig über das Vorhandensein und Art der Gewehre im Haushalt nachfragen und kann somit bei einzelnen seiner Patienten nicht mehr über die Gefahren durch Feuerwaffen aufklären. In manchen Bundesstaaten wie Connecticut, Texas oder Virginia müssen Frauen mit dichtem Brustgewebe über die niedrigere Sensitivität der Mammographie unterrichtet und ihnen eine MRT oder ein Ultraschall angeboten werden (Quelle: http://www.nytimes.com/2012/10/25/health/laws-tell-mammogram-clinics-to-address-breast-density.html?pagewanted=all). In New York wiederum müssen Ärzte Patienten mit unheilbaren Erkrankungen im Endstadium palliativmedizinische Dienste und Hospizmöglichkeiten angeboten haben. Die Liste solcher Gesetze ist mittlerweile sehr lang.
Hält sich der Arzt nicht an diese Gesetze, so drohen ihm Geldstrafen und in manchen Fällen auch Haftstrafen. Weiterhin entstehen für ihn haftungsbedingte Risiken, so dass er z.B. bei einer Frau, die zwar jährlich zur Mammographie ging, bei der sich aber im dichten Brustgewebe dennoch unentdeckt ein Tumor entwickelte, juristisch dafür haften kann.
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