Vom Arztdasein in Amerika

USA: Ärztemangel nimmt zu

  • Freitag, 29. August 2014

Ich sprach jüngst mit einem Vertreter einer österreichischen Ärztekammer und mit einem Vertreter einer deutschen Ärztekammer – es gebe einen Ärztemangel, wie mir mitgeteilt wurde. Das überraschte mich nicht, und viele Patienten und ärztliche Kollegen kennen dieses Phänomen mittlerweile nur zu gut. Die Konsequenzen wie länger werdende Wartezeiten, voller gewordene Arztpraxen und Notaufnahmen sind oft auch Thema in den Medien und Politik, ohne dass eine adäquate Lösung bisher gefunden wurde.

Das Phänomen des Ärztemangels kannte man in den USA bis vor kurzem nur in wenigen, ganz bestimmten und als „unterversorgt” bezeichneten Regionen. Regionen, in denen Ärzte aufgrund der Geografie, der Bevölkerungsstruktur, des Klimas oder der Abge­schiedenheit nicht arbeiten  wollten. Einige Beispiele sind die Tundraweiten Alaskas, die Wüstengegenden Neu-Mexikos oder arme, ländliche Regionen in den Bundesstaaten Mississippi oder Georgia.

Doch all das ändert sich seit einigen Jahren in den USA und der Ärztemangel weitet sich aus, vor allem seit der Gesundheitsreform durch Präsident Obama und einer fast schon als Explosion zu bezeichnenden Zunahme der krankenversicherten Menschen.

Nun wird ein Ärztemangel auch in urbanen Zentren bemerkbar. Während zum Beispiel im Jahr 2008 nur ein Mangel an Medizinern  von 7000 Ärzten, also knapp einem Prozent der Ärzteschaft, angegeben wurde, wird für nächstes Jahr, für 2015,  ein Ärztemangel von 62.900 prognostiziert, also knapp 8% der Ärzteschaft, Tendenz stark steigend. Siehe: https://www.aamc.org/download/153160/data/physician_shortages_to_worsen_without_increases_in_residency_tr.pdf

Ich meine, dieses Phänomen nun ebenfalls bei mir selbst beobachten zu können: Während ich vor zwei oder drei Jahren zwar recht viele Arbeitsstellenangebote erhielt, aber doch meistens nie mehr als einige Male pro Woche, maximal ein- oder zweimal am Tag, werde ich seit einigen Monaten täglich mehrmals, manchmal bis zu einem Dutzend Mal, von allen möglichen und mir oft unbekannten Menschen angerufen oder angeschrieben, und mir wird Arbeit in nah und fern angeboten.

Das hat mittlerweile derart deutliche Ausmaße angenommen, dass ich oft nicht mehr bei mir unbekannten Nummern ans Telefon gehe und alleine deswegen beabsichtige, meine Mobilnummer zu wechseln, weil ich all dieser Anrufe und Anrufbeantworternachrichten überdrüssig bin.

Das mag alles gut und nett für mich sein, weil ich dadurch viele Arbeitsmöglichkeiten habe, dennoch stört mich doch ein Gedanke: Wer kümmert sich um die nicht- beziehungsweise  unterversorgten Patienten? In Deutschland und Österreich mag man sich mit diesem Phänomen mittlerweile arrangiert haben – was traurig ist, weil jeder Mensch eine ausreichende Gesundheitsversorgung verdient – doch in den USA ist es ein neues und daher beunruhigendes Phänomen.

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