Vom Arztdasein in Amerika

Veröffentlichen leicht gemacht

  • Freitag, 9. Juni 2017

An mehreren Pflegeheimen habe ich eine klinische Forschungsarbeit durchgeführt und jüngst, auf einer nationalen Ärztekonferenz, die Ergebnisse vorgestellt. Es ging bei meiner Arbeit um ein klassisches Thema der Geriatrie, nämlich um den Abbau von Polypharmazie, also der Verringe­rung  von eingenommenen Medikamenten, und die Ergebnisse waren durchaus spannend. Weiterhin habe ich im Laufe des zurück­liegenden Jahres mehrere hochinteressante und zum Teil als singulär zu bezeichnende Patientenfälle erlebt.

All dies ging mir durch den Kopf, als ich auf einem Flug nach Nashville, der Bundes­hauptstadt von Tennessee, war und durch Zufall nicht nur meinen Chefarzt traf, sondern auch noch in seiner Nähe saß. Wir sprachen über die Geriatrie im Allgemeinen, aber auch über meine Forschungs­ergebnisse und Patientenfälle.

Während ich ihm hiervon berichtete, leuchteten seine Augen kurz auf, und er bat mich, all diese Ergebnisse zusammenzustellen und ihm in Form von drei oder vier Veröffent­lichungen zuzusenden. Er könne mir helfen, sie zu publizieren. Er bat zugleich darum, sich dann mit einem gemeinsamen Kollegen und Freund auf einige von diesen Artikeln sich als Autor mit setzen zu dürfen, weil dieser als klinischer Professor unter Publikationsdruck stehe und als einer der mich betreu­enden Oberärzte ja peripher mit diesen Wissenschaftsprojekten zu tun gehabt hatte.

Wie mein Chefarzt sich denn so sicher sei, dass ich diese Ergebnisse veröffentlichen könne, fragte ich ihn, woraufhin er auf ein über viele Jahre bestehendes Netzwerk und Erfahrungen verwies.

Wie ich aus Gesprächen mit Kollegen aus Deutschland, der Schweiz und den USA mittlerweile weiß, funktioniert die wissenschaftliche Veröffentlichung nach stets ähnlichen Mustern: Wer sehr spannende oder höchst innovative Ergebnisse vorzuweisen hat, der kann diese problemlos publizieren.

Für den großen Rest kommt es zwar auf passabel interessante Ergebnisse, vor allem aber auf gute Beziehungen an, so kriegt man fast alles veröffentlicht. Das geht ohne großen Aufwand, denn dafür gibt es die sehr vielen nicht namhaften Journale. Meine Interventionen und Patientenfälle haben durchaus einen klinischen Mehrwert, doch ernüchternd ist es schon zu wissen, wie leicht man fast alles publiziert bekommt. 

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