Politik

Schleswig-Holstein: Touré will Soziales stärker in den Fokus rücken

  • Montag, 25. Juli 2022
/picture alliance, Marcus Brandt
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Kiel – Das Soziale muss nach Auffassung der für diesen Bereich zuständigen Ministerin Aminata Touré einen höheren Stellenwert in der schleswig-holsteinischen Landespolitik bekommen. „Dafür werde ich mich einset­zen“, sagte die Grünen-Politikerin. Die 29-Jährige ist als Ressortchefin auch für Jugend, Familie, Senioren, In­tegration und Gleichstellung zuständig, nicht aber für Gesundheit wie Vorgänger Heiner Garg (FDP).

„Von der öffentlichen Wahrnehmung her war dieses Haus entweder das Gesundheitsministerium oder das Kita-Ministerium und weniger das Sozialministerium mit all seinen Herausforde­rungen“, erläuterte Touré. „Wir tun allen Bereichen einen Gefallen, wenn sie die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen.“

Als Schwerpunkte hob Touré außer der weiteren Erhöhung der Betreuungsqualität in den Kitas die Reform sozialer Sicherungssysteme und die Integration Zugewanderter in den Arbeitsmarkt hervor. Die vom Bund für 2025 geplante Einführung einer Kindergrundsicherung sollte nach ihrer Ansicht vorgezogen werden.

„Kinder und Jugendliche können am wenigsten für die folgen­schwere Kombination von Corona und Preisstei­gerungen, aber sie trifft es am härtesten“, sagte Touré. „Wir werden über die Unterstützung der Mädchen und Jungen in den kommenden Fachminister­konferenzen mit dem Bund reden.“ Studierende und untere Ei­nkommensgruppen müssten ebenfalls stärker in den Fokus genommen werden.

Es sei auch falsch gewesen, Senioren von jüngsten Entlastungen im Zusammenhang mit den massiven Preis­steigerungen auszunehmen, sagte Touré. „Wir müssen also im Blick auf Entlas­tungen großer Gruppen ein Gesamtpaket schnüren.“

Touré ist seit dem 29. Juni Landesministerin, als erste Afrodeutsche überhaupt. Zuvor bildete die frühere Land­tagsvizepräsidentin mit Finanzministerin Monika Heinold ein Spitzenkandi­datinnenduo der Grünen zur Landtagswahl.

Auf die Frage, wohin sie ihr Weg noch führen werde, lacht Touré kurz und sagt dann ernst: „Ich frage mich doch nicht kurz nach meiner Ernennung zur Ministerin, was der nächste Schritt sein wird – ich habe eine ganz schön krasse Verantwor­tung übernommen und will diese Aufgabe erfüllen.“

Die Frage, ob sie mit höheren Ämtern für Schwarze Menschen weniger Diskriminierung spüre, verneint Touré, deren Familie 1991 nach einem Putsch aus dem westafrikanischen Mali geflohen war. „Das Problem ver­schwin­det nicht, wenn Menschen mit Migrationshintergrund in politische Ämter kommen.“

Es sei ein Trug­schluss zu glauben, dass Diskriminierung aufhört, weil einzelne Personen Schlüsselfunktionen übernehmen. „Auch wenn Barack Obama erster schwarzer US-Präsident war, gibt es den Rassismus dort weiterhin.“ Obama hat Touré vor Jahren in Berlin getroffen; ein Foto in ihrem Büro erinnert daran.

In ihrem Zuständigkeitsbereich Migration will Touré einen Schwerpunkt darauf setzen, Zugewanderten die Auf­nahme von Arbeit zu ermöglichen. „Unsere Koalition mit der CDU lehnt Arbeitsverbote ab“, betont sie. „Mein Ziel ist es, den Ermessensspielraum des Landes maximal auszuschöpfen, um Menschen das Ankommen, Arbeiten und Sich-Integrieren zu ermöglichen.“ Auch im Blick auf die vereinbarte Fachkräfteinitiative wolle sie das im Land vorhandene Potenzial ausschöpfen.

In der Vergangenheit sei es vielen Menschen erschwert und auch unmöglich gemacht worden, hier Fuß zu fassen, sagte Touré. Bei der Fachkräftegewinnung wolle sie den Fokus auf jene richten, die hier im Land sind. Da gehe es auch um die Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland. Wenn diese nicht 1:1 den Anforde­rungen in Deutschland entsprechen, sollten möglichst unbürokratisch Umschulungen ermöglicht werden.

„Wenn jemand in der Heimat studiert hat, aber hier nicht adäquat arbeiten darf und deshalb Taxi fährt, dann macht das doch gar keinen Sinn“, sagte Touré. „Das war aber politisch gewollt und das wollen wir ändern.“ In Deutschland werde es auch schärfere Grundsatzdebatten über soziale Gerechtigkeit geben müssen, sagte Touré. Große Einkommensunterschiede habe es auch schon vor den aktuellen Preissteigerungen gegeben.

dpa

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