Medizin

Schmerzmittel begünstigen Vorhofflimmern

  • Dienstag, 5. Juli 2011

Aarhus – Die Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) begünstigt möglicherweise die Entwicklung von atrialen Arrhythmien. Dies geht aus einer Fall-Kontroll-Studie im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2011; 343: d3450) hervor.

Die Vioxx®-Affäre hatte erstmals die Aufmerksamkeit auf die kardialen Risiken einer Therapie mit NSAID gelenkt. Später wurde erkannt, dass nicht nur der COX-2-Inhibitor Rofecoxib das Herzinfarktrisiko erhöht.

Heute ist klar: Auch die Verordnung „konventioneller“ nicht selektiver NSAID geht mit einer erhöhten Rate kardiovaskulärer Ereignisse einher, wobei das Risiko von Wirkstoff zu Wirkstoff verschieden ist. Jetzt zeigt Henrik Toft Sørensen von der Universitätsklinik Aarhus, dass NSAID am Herzen nicht nur ischämische Ereignisse begünstigen, sondern möglicherweise auch Rhythmusstörungen auslösen können.

Der Epidemiologe hat die Daten von 32.602 Patienten ausgewertet, die in Dänemark mit Vorhofflimmern oder -flattern hospitalisiert worden waren. Darunter waren 2.925 Patienten oder 9 Prozent, die NSAID einnahmen.
 

Die Verordnungshäufigkeit war höher als in einer Kontrollgruppe von mehr als 325.000 Patienten ohne kardiale Arrhythmien, von denen 21.871 oder 7 Prozent NSAID einnahmen. Toft errechnet für die Anwender nicht-selektiver NSAID eine Inzidenzrate von 1,46 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,33-1,62). Für die COX-2-Inhibitoren beträgt die Inzidenzrate sogar 1,71 (1,56-1,88).

Wenn die Zahlen die Wirklichkeit richtig abbilden, dann kommen auf 1.000 Patienten, die eine Therapie mit nicht selektiven NSAID beginnen, vier zusätzliche Erkrankungen an atrialen Arrhythmie, bei den COX-2-Hemmern sind es sogar sieben zusätzliche Erkrankungen. Die immense Fallzahl ermöglichte eine Reihe von Subgruppen-Analysen.

Sie zeigen, dass das Risiko zu Beginn der Therapie am größten ist. Wie beim Herzinfarktrisiko gibt es Unterschiede von Substanz zu Substanz. Für Diclofenac ist das Risiko höher als unter Naproxen oder Ibuprofen, für Celecoxib höher als für (das vom Markt genommene) Rofecoxib.

Bei den COX-2-Hemmern war die Inzidenzrate vor allem bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (Inzidenzrate 2,49), und bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankung (Inzidenzrate 2,87) erhöht zu sein.

Da die Prävalenz des Vorhofflimmerns mit dem Alter ansteigt, ist bei älteren Patienten Vorsicht geboten, rät der Editorialist Jerry Gurwitz von der University von Massachusetts Medical School in Worcester. Das dürfte leichter gesagt als getan sein, da vor allem ältere Menschen aufgrund von Gelenkbeschwerden und anderen entzündlichen Erkrankungen NSAID benötigen.

Steroide wären auch aufgrund des Arrhythmie-Risikos übrigens keine Alternative. Sie waren in einer im letzten Jahr publizierten Analyse britischer Krankenakten (General Practice Research Database, GPRD) mit einer zweieinhalbfach erhöhten Rate von Vorhofflimmern assoziiert. Für nicht-selektive NSAID hatte diese Studie “nur” eine Risikoerhöhung um 44 Prozent gefunden (Archives of Internal Medicine 2010; 170: 1450-1455).

rme

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