Politik

Scholz verspricht erneut Pflegedeckel bei Eigenanteilen

  • Dienstag, 11. Februar 2025
/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Ebrahim Noroozi
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Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat erneut eine Erleichterung für Pflegebedürftige versprochen. „Wir deckeln die Pflegekosten, in dem wir auch private Pflegekassen am Risikoausgleich unter den Kassen beteiligen“, sagte Scholz heute in der letzten Bundestagsdebatte vor der Bundestagswahl am 23. Februar.

Die Ansage hatte der Kanzler bereits im TV-Duell am vergangenen Sonntag gemacht. Er hatte mit Blick auf die Eigenanteile für die reine Pflege von einem „Kostendeckel bei 1.000 Euro“ gesprochen. Darüber hinaus wolle er „mehr Solidarität“ zwischen Krankenkassen und Privatversicherern, hatte er gesagt.

Scholz will gesetzliche und private Krankenversicherung zwar nicht zusammenlegen, aber eine „Solidaritätsverschränkung.“ Er wolle GKV und PKV bestehen lassen, aber verschränken, so der Kanzler.

Merz hatte bereits angekündigt, auf eine verpflichtende private zusätzliche Pflegeversicherung setzen zu wollen. Eine Pflegevollversicherung lehnt er ab. „Die Pflegeversicherung ist eine Teilversicherung – und das wird sie voraussichtlich auch bleiben, weil eine Vollversicherung zu teuer wäre“, betonte der CDU-Chef in den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Union befürwortet mit Blick auf die Finanzierung der Pflegeversicherung in ihrem Wahlprogramm einen Mix aus gesetzlicher und betrieblicher Vorsorge sowie einer privaten Zusatzversorgung.

Scholz warf Merz heute in der Bundestagsdebatte erneut vor, die Finanzierung der politischen Vorhaben und Steuergeschenke zu verschweigen.

„Sagen Sie endlich, wie sie das 130-Milliarden-Euro-Loch stopfen wollen“, so Scholz. „Holen Sie sich das bei den Rentnerinnen und Rentnern, kürzen Sie dafür Gesundheitsversorgung und Pflege zusammen, setzen Sie die Investitionen in Straßen, Schienen und Brücken auf null?“, so der Kanzler.

Scholz versprach auch mehr Einkommen für sieben Millionen Arbeitnehmer durch eine Erhöhung des Mindestlohns nach der Bundestagswahl. Besonders Frauen in Ostdeutschland würden von 15 Euro Mindestlohn profitieren, so der SPD-Politiker.

„Hunderttausende weniger wären mit einem Schlag aufs Bürgergeld angewiesen“, so Scholz. „Weil sie dann von ihrer eigenen Hände Arbeit leben können. Das heißt für mich Leistungsgerechtigkeit.“ Der Mindestlohn in Deutschland liegt derzeit bei 12,82 Euro.

Der Unions-Kanzlerkandidat attestierte der Ampelregierung heute vor allem wirtschaftlich eine verheerende Bilanz. Und dazu gehörten auch fast drei Millionen Arbeitslose im Land, sagte er. Scholz sei nicht in der Lage, die Probleme zu erfassen.

Merz sagte, diejenigen, die in Deutschland anständig arbeiteten, stellten sich die Frage, warum die SPD-Bundestagsfraktion immer noch dafür sorge, dass Nichtarbeit besser bezahlt würde als Arbeit in Deutschland. „Das ist doch die Frage, die Sie beantworten müssen“.

Der CDU-Politiker betonte, es gebe 700.000 offene Stellen im Jahresdurchschnitt und 1,7 Millionen Bürgergeldempfänger, die arbeiten könnten. „Da stimmt doch etwas im System nicht“.

Untätigkeit warf der Unions-Kanzlerkandidat dem Kanzler zum Beispiel bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder vor. Im Jahr 2023 hätten fast 17.000 Verfahren zu Kinder- und Jugendpornografie und Gewalt gegen Kinder endgültig eingestellt werden müssen, weil es die Koalition unter Scholz nicht hinbekommen habe, die vom Europäischen Gerichtshof längst für zulässig erachtete Speicherung von IP-Adressen zu den deutschen Ermittlungsverfahren hinzuzufügen und zu erlauben, sagte Merz.

„Wenn Sie in der SPD-Fraktion den Mut gehabt hätten, sich aus der Umklammerung der Grünen und der FDP herauszulösen, mit uns hätten Sie ein solches Gesetz längst machen können.“

Robert Habeck (Grüne) wies heute darauf hin, dass erneut nicht über den „Schutz des Klimas“ beziehungsweise „den Kampf gegen die globale Erderwärmung“ gesprochen worden sei.

Habeck zitierte das Bundesverfassungsgericht mit dem Hinweis, dass „die Menschen in ihren Freiheitsrechten verletzt werden, wenn die hohen Emissionsminderungslasten unabweisbar auf die Zeiträume nach 2030 verschoben werden“.

„Sie müssen nicht die Grünen wählen, aber mit Respekt vor unseren Verfassungsorganen […] verkennen Sie nicht, welche fundamentale Aufgabe dieser politischen Generation zugeschrieben ist.“

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel kündigte an, eine vernünftige Regierung würde „sofort“ das „Subventionsmonster Energiewende“ stoppen und „den Wiedereinstieg in die Kernkraft“ forcieren. Auch würde sie Öl und Erdgas da kaufen, wo es am günstigsten ist.

FDP-Chef Christian Lindner erklärte, das Pariser Klimaschutzabkommen müsse für Deutschland und die Europäische Union verbindlich sein. „Es ist ein Irrweg, den die AfD bestreitet und uns empfiehlt. […] Gehen Sie mal in den deutschen Wald. Da können Sie den Klimawandel besichtigen. Man kann nicht den Klimawandel leugnen und gleichzeitig ein deutscher Patriot sein.“

Linder betonte aber, man verfolge einen falschen Pfad und falsche Ziele und das muss man ausdrücklich sagen. Der Wirtschaftsminister habe gesagt, die Union wolle die Klimaziele infrage stellen.

„Das ist nicht der Fall. Die Union hält an 2045 fest. Selbst die deutschen Stadtwerke sagen inzwischen, dass es vollkommen illusorisch ist, 2045 zu erreichen“, so Lindner. Es sei physikalisch und technisch nicht möglich und ökonomisch nicht sinnvoll.

„Deshalb muss dieser einmalige Sonderweg im Klimaschutz und in der Energiepolitik beendet werden“, so Linder. Das Europäische Ziel 2050 müsse für Deutschland verbindlich werden. „Und dann verordnen wir uns die absolute Technologieoffenheit“, so der FDP-Chef.

Demokratie muss liefern

Er mahnte auch an, Staatsausgaben zu reduzieren. Grüne Subventionen könne man reduzieren, wenn man die Klimapolitik rationaler gestalte. Der Sozialstaat könne treffsicherer werden, ohne dass soziale Absicherung verlorengehe, so Linder.

Der Staatsapparat sei überdehnt. „Wir haben keinen Mangel an öffentlichen Mitteln. Wir haben nur einen Mangel an Mut zur Prioritätensetzung im Umgang mit den vielen Mitteln“.

Lindner zeichnete für die Demokratie ein Bild der letzten Chance. „Wenn es nicht gelingt, wieder dort stark zu machen, wo wir ihn brauchen – und dort zurückzunehmen, wo er uns lästig fällt, werden sich Menschen möglicherweise Alternativen suchen“, so Lindner.

Wenn es nicht gelinge, die Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt in Deutschland zu verteidigen, durch Ordnung und Kontrolle und Begrenzung bei der Migration, könnten sich Menschen 2029 Alternativen suchen. Wenn man das Gefühl nicht überwinde, dass Menschen sich bevormundet und belehrt, moralisch zurechtgewiesen fühlen durch die Politik, dann werden sich Menschen fragen, wer ein alternatives Angebot in Vertrauen in Eigenverantwortung und Freiheit macht.

„Wenn die Demokratie in den nächsten vier Jahren nicht liefert, dann könnten sich die Menschen wie in den USA, wie in Österreich, wie in den Niederlanden, Alternativen suchen“, betonte er.

may/dpa

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