Ärzteschaft

Schwer psychisch Kranke: NPPV-Projekt als Vorlage für die Regelversorgung

  • Dienstag, 5. November 2019
/Paolese, stockadobecom
/Paolese, stock.adobe.com

Berlin – Die gesetzliche Regelung für eine berufsgruppenübergreifende und koordinierte psychotherapeutische und psychiatrische Versorgung ist bei der Kassenärztlichen Bun­des­vereinigung (KBV) auf ein positives Echo gestoßen.

Der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen bezeichnete die im Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung im Omnibusverfahren aufgenommene Regelung als „Chan­ce für eine verbesserte Vernetzung der bestehenden Versorgungsleistungen für Patien­tinnen und Patienten, insbesondere für schwer psychisch erkrankte Menschen“.

Gassen sieht, ebenso wie der Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) Frank Bergmann, in der gesetzlichen Vorgabe die Strukturen des Inno­vationsfondsprojekts einer „Neurologisch-psychiatrisch-psychotherapeutischen Versor­gung (NPPV)“ zugrunde gelegt, das seit im April 2017 in der Region der KVNO läuft. Berg­mann bezeichnete das erfolgreich laufende Projekt zuletzt auch im Deutschen Ärzteblatt als „Blaupause für die Regelversorgung“.

„Ich freue mich, dass die Idee unseres NPPV-Projekts vom Gesetzgeber aufgegriffen wur­de. Wir haben dadurch die Chance, einen großen Schritt bei der koordinierten Zu­sammen­arbeit von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen, Psychotherapeuten und wei­teren an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen voranzukommen“, erklärte Bergmann jetzt.

Fester Bezugsarzt- oder -psychotherapeut als Lotse im System

Im NPPV-Projekt wird den Patienten jeweils ein fester Bezugsarzt oder -psychotherapeut als Lotse an die Hand gegeben, der ihre Versorgung bei Bedarf mit den anderen Fach­gruppen koordiniert sowie Gruppenangebote und Online-Interventionen einbinden kann. Es ist immer der Facharzt oder Psychotherapeut, der mit dem jeweiligen Krankheitsbild am vertrautesten ist.

Das NPPV-Projekt läuft seit seinem Start sehr vielversprechend: 580 Fachärzte und Psy­cho­therapeuten an 371 Praxisstandorten in Nordrhein haben sich seit April 2017 einge­schrieben. Insgesamt sind in Nordrhein 4.468 Ärzte und Psychotherapeuten dieser Fach­gruppen niedergelassen.

Rund 7.000 Patienten konnten für den NPPV-Vertrag rekrutiert werden. Mit 51 Prozent sind schwere Depressionen der häufigste Einschreibegrund, gefolgt von psychotischen Störungen, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Schlaganfall, Demenz und Traumafolge­stö­rungen.

Netzwerkmanagement unterstützt bei der Koordination

Eine große Entlastung bei der Koordination bietet den Ärzten und Psychotherapeuten im NPPV-Projekt das Unternehmen IVPNetworks. Das Netzwerkmanagement stellt unter an­derem mit der webbasierten Software IVPnet eine digitale Versorgungslösung bereit, mit der der Arzt oder Psychotherapeut anhand leitlinienbasierter Behandlungspfade durch die Patientendokumentation geführt wird. Das NPPV-Projekt wird im Rahmen des Inno­vationsfonds bis Ende 2020 gefördert.

Der Gesetzgeber hat mit einer Regelung im Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz vorgesehen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bis zum 31. Dezember 2020 eine eigenständige Richtlinie für eine „berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung von Menschen mit komplexem psychiatrischen und psychothera­peutischen Handlungsbedarf“ erarbeiten soll.

Das Gesetz wurde am 26. September im Bundestag beschlossen. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen, dafür ist der kommende Freitag anberaumt.

PB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung