Medizin

Sexuell übertragene Hepatitis A: Drei Cluster in 13 europäischen Ländern

  • Dienstag, 28. Februar 2017

Stockholm – Das Hepatitis A-Virus, das sich normalerweise bei Defiziten der Lebens­mittelhygiene fäkal-oral ausbreitet, kann bei bestimmten Praktiken auch sexuell über­tragen werden. In Europa ist es in den letzten Monaten unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), gleich zu drei Ausbrüchen in 13 Ländern gekommen. Die Behörden empfehlen den Risikogruppen zu einer Impfung.

Die Hepatitis A ist dank der guten Lebensmittelhygiene (trotz niedriger Impfquote) selten geworden. Im EU-Bereich ist das Virus nur noch in Rumänien und Bulgarien endemisch. In Deutschland wurden 2015 gerade einmal 856 ­Erkrankungen bekannt. Die meisten Erkrankungen treten nach der Rückkehr von Fernreisen in Endemie-Länder im Herbst auf.

Wie leicht die Viren übertragen werden und wie rasch sie sich ausbreiten können, zeigt sich in den Ausbrüchen, die seit den 1970er Jahren unter MSM dokumentiert wurden. Infolge der internationalen Vernetzung überschreiten die Infektionen leicht die Landesgrenzen. Zuletzt war es 1991 zu einer Epidemie gekommen, die von den USA nach Kanada und Australien ausstrahlte. Die Beweisführung, dass es sich um den gleichen Erreger handelt, war damals noch auf klassische epidemiologische Methoden angewiesen, die Kontakte zwischen den Betroffenen und die Zugehörigkeit zur gleichen Risikogruppe nachwies.

Heute stehen molekularbiologische Methoden zur Verfügung, die die genetische Verwandtschaft der Viren nachweisen können. So wurde es möglich, insgesamt 287 Erkrankungen, die seit Juli letzten Jahres im EU-Raum gemeldet wurden, auf einen, genauer auf drei gemeinsame Nenner zurückzuführen.

Der Report des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) beschreibt drei Erkrankungscluster. Der erste Cluster „VRD_521_2016“ wurde zuerst im Dezember in Großbritannien entdeckt. Inzwischen haben ihn auch die Gesundheitsbehörden in Spanien (41), Italien (41), Deutschland (17), Frankreich (14), Portugal (9), Finnland (3), Irland (3), den Niederlanden (2) und Schweden (1) nachgewiesen. Zuletzt kamen noch Fälle aus Portugal hinzu (23). In Großbritannien ist es bisher zu 30 Erkrankungen gekommen.

Der zweite Cluster „RIVM-HAV16-090“ wurde zunächst in den Niederlanden bei zwei Teilnehmern der EuroPride 2016 gefunden, einem jährlichen Festival für Homosexuelle, das in jenem Jahr in Amsterdam stattfand. Inzwischen ist diese Virusvariante auch in Großbritannien (31), Deutschland (8), Österreich (5), Belgien (5), Frankreich (5), Schweden (3), Italien (2) und Spanien (1) aufgetaucht. Die Zahl der bekannten Infektionen in den Niederlanden ist auf 31 gestiegen. Dieses Virus könnte aus Ostasien über Hongkong nach Europa gelangt sein. Das Virus ist laut ECDC identisch mit einem Stamm, der kürzlich in Taiwan in der Gruppe der MSM identifiziert wurde.

Der dritte Cluster „V16-25801“ wurde zuerst im Januar in Deutschland bemerkt. Das Virus wurde später auch in Großbritannien (3), Italien (3), Österreich (1), Dänemark (1) den Niederlanden (1) und Spanien (1) gefunden. In Deutschland sind bisher 18 Fälle aufgetreten.

Die meisten Erkrankten sind im jungen Erwachsenenalter. Die Hepatitis A nimmt hier in der Regel einen schwereren Verlauf als bei Kindern. Auch Todesfälle lassen sich nicht immer verhindern. In Deutschland starben 2015 drei Menschen an den Folgen einer Hepatitis ­A-­Erkrankung. Darunter waren zwei Frauen im Alter von 65 und 94 Jahren und ein 52-­jähriger Mann mit Vorerkrankungen.

Die ECDC empfiehlt den Risikogruppen in den betroffenen Ländern, sich gegen eine Hepatitis A impfen zu lassen. Der Impfstoff besteht aus inaktivierten Viren und muss zweimal intramuskulär injiziert werden. Eine kombinierte Impfung gegen Hepatitis B ist möglich.

rme

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