Smartphone erfasst Angriffe auf Gesundheitshelfer in Syrien

London – Der Messaging-Service WhatsApp wird in Syrien eingesetzt, um Angriffe auf Mitarbeiter und Einrichtungen des Gesundheitswesens zu erfassen. Das System ermöglicht es Teams, Daten über Angriffe innerhalb von 24 Stunden zu teilen. Zwischen November 2015 und Dezember 2016 wurden so 402 Angriffe auf die Gesundheitsversorgung in Syrien erfasst. Das berichtet die London School of Hygiene & Tropical Medicine. Der Beitrag ist Teil einer Serie von vier Papern, die im Lancet erscheinen (doi: 10.1016/S0140-6736(17)31328-4).
Die Studie zeigt, dass binnen eines Jahres fast die Hälfte der Krankenhäuser in nichtstaatlich kontrollierten Gebieten angegriffen und ein Drittel der Einrichtungen mehr als einmal getroffen wurde. Die Angriffe auf Einrichtungen der Gesundheitsversorgung haben in Syrien nach sieben Jahren des Konflikts ein Ausmaß erreicht wie noch nie, berichten die Autoren. Es sei wichtig, zuverlässige Daten zu sammeln, um die internationale Gemeinschaft zu überzeugen, gesetzliche Schutzmaßnahmen durchzusetzen und Rechenschaft für die Verletzungen des Völkerrechts einzufordern.
Monitoring-Tool mit 293 Mitgliedern
In einer Resolution der UN-Generalversammlung 2010 wurde die Weltgesundheitsorganisation WHO beauftragt, eine Methode zu entwickeln, um zuverlässigere Daten über Angriffe auf gesundheitsversorgende Einrichtungen zu sammeln. Das Health Cluster in der Türkei pilotierte das neue System. Die Mitarbeiter koordinieren die humanitären Aktivitäten von mehr als 50 Hilfsorganisationen in Syrien.
Das sogenannte Monitoring-Tool läuft über eine WhatsApp-Gruppe mit 293 Mitgliedern. Ereignet sich ein Vorfall, wird eine kurze Nachricht an die Gruppe gesendet. Alle Mitglieder, die Informationen über den Angriff haben, werden dann aufgefordert, ein anonymes und vertrauliches Online-Formular mit Angaben zum Ort, Angriffstyp (Luftangriffe, Schusswaffe, Brandstiftung) Art der Anlage, Umfang des Schadens, Betroffenen, Verletzungen und Todesfällen auszufüllen.
Innerhalb von 24 Stunden gibt das Team in der Türkei ein Update an die wichtigsten Partner: die WHO, die Vereinten Nationen und andere. Von November 2015 bis Dezember 2016 wurden so 402 Einzelangriffe identifiziert, von denen 158 überprüft wurden. Insgesamt wurden 938 Personen geschädigt, ein Viertel davon waren Gesundheitsarbeiter. Luftbombardierung war die häufigste gewählte Waffe. Operationen zur Übernahme einzelner Gebiete gingen mit einer erhöhten Anzahl an Angriffen einher.
Alaa Abou Zeid, ärztlicher Gesundheits-Koordinator des WHO Health Clusters in der Türkei und leitender Autor der Studie appelliert an die internationale Gemeinschaft, die Genfer Konvention anzuwenden, um die Gesundheitsversorgung und ähnliche zivile Dienste im Konflikt wirksam zu schützen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: