Soldaten brauchen vor Einsätzen eine bessere Untersuchung

Dresden – Bundeswehrsoldaten benötigen vor Auslandeinsätzen eine gründlichere ärztliche Untersuchung. Damit sollten vor allem psychische Vorerkrankungen entdeckt werden, heißt es in einer heute vorgestellten Studie des Instituts für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Technischen Universität Dresden.
Unter dem Titel „Prävalenz, Inzidenz und Determinanten von traumatischen Ereignissen, Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und anderen psychischen Störungen bei Soldaten mit und ohne Auslandseinsatz“ hatte ein Psychologenteam der TU bereits 2011 eine Querschnittstudie mit Soldaten abgeschlossen, die in Afghanistan im Einsatz waren. Nun liegen die Ergebnisse einer Längsschnittstudie vor, die Soldaten unmittelbar vor und durchschnittlich zwölf Monate nach Einsatzrückkehr untersucht hat.
Danach ist die die Verbreitung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) geringer als bislang gedacht. „Bei Anlegen gleicher methodischer Standards sind die PTBS-Raten der deutschen Soldaten etwas, aber nicht bedeutsam niedriger als bei britischen, jedoch gravierend niedriger als bei amerikanischen Soldaten, die im Irak oder in Afghanistan im Einsatz waren“, so die Erkenntnisse der Forscher um den Institutsleiter Hans-Ulrich Wittchen.
Wesentlich unterschätzt hingegen sei bislang das Risiko anderer psychischer Störungen. Die Soldaten seien bei den Einsätzen hohen Belastungen ausgesetzt, die das Ersterkrankungsrisiko für Angststörungen sowie den Beginn einer Alkoholabhängigkeit offenbar massiv erhöhten. Zudem hätten Soldaten mit einer Vorgeschichte an affektiven Störungen ein erhöhtes Risiko, wiederum eine depressive Episode zu erleiden.
Die Wissenschaftler der Technischen Universität befragten für die Studie rund 1.500 Soldaten mit und 900 ohne Einsatzerfahrung. Den Ergebnissen zufolge hatte jeder Vierte in seiner vier- bis sechsmonatigen Einsatzzeit mindestens ein traumatisches Erlebnis. Die möglicherweise daraus resultierenden psychischen Störungen werden bei 44 Prozent nicht erkannt. Von den übrigen 56 Prozent wurden nur 18 Prozent zumindest teilweise therapiert.
2,9 Prozent der Soldaten, die aus dem Auslandseinsatz zurückkehren, erkranken laut Studie an PTBS. 3,6 Prozent bekommen Angststörungen sowie 1,8 Prozent Depressionen und 1,5 Prozent ein Alkoholproblem.
Einsatzbezogene psychische Störungen würden nicht hinreichend frühzeitig erkannt, selten diagnostiziert und noch seltener behandelt. „Für die Bundeswehr ergibt sich daraus die Herausforderung eines verbesserten klinisch-diagnostischen Screenings vor Einsätzen, um bereits vor dem Einsatz bestehende psychische Störungen zu erkennen“, so die Wissenschaftler.
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