Gesundheit

Sollten Mütter nach der Geburt die Plazenta verzehren?

  • Donnerstag, 4. Januar 2018

Die Placentophagie, ein bei vielen höheren Säugetieren instinktives Verhalten, hat sich in den meisten menschlichen Kulturen nicht durchgesetzt. Neuerdings schwören allerdings US-Promis wie Kim Kardashian West und January Jones auf die energetische Wirkung des Mutterkuchens, der sie vor einer postpartalen Depression schütze. Amazon bietet bereits Kochbücher für Nachahmer an und es gibt Dienstleister, die die getrocknete Plazenta nach der Geburt in Kapseln pressen.

Die medizinische Anthropologin Sharon Young von der Universität von Nevada in Las Vegas hat jetzt erstmals in einer randomisierten Studie untersucht, ob die Placentopha­gie die Wirkung erzielt, die sich Promis und andere Frauen derzeit von der Behandlung erhoffen.

27 Frauen füllten ab der 36. Schwangerschaftswoche und in den ersten Monaten nach der Geburt regelmäßig Fragebögen zu ihrem Befinden aus. Außerdem wurde in Speichelproben untersucht, ob die Hormone aus der Plazenta vom Darm resorbiert wurden.

Nach der Geburt hatten die Frauen über drei Wochen täglich Kapseln eingenommen. Bei zwölf Frauen waren sie tatsächlich mit dehydrierter und homogenisierter Plazenta gefüllt. Bei den anderen 15 Frauen enthielten die Kapseln Rindfleisch oder einen vegetarischen Ersatz. Natürlich wurde den Frauen verschwiegen, welche Pille sie erhalten hatten.

Nach den jetzt vorgestellten Ergebnissen waren die Kapseln tatsächlich resorbiert worden. Alle 15 untersuchten Hormone waren im Speichel nachweisbar. Eine durch­schlagende Wirkung erzielten die Mittel jedoch nicht. Die Stimmungslage der jungen Mütter und ihre Bindung zum Kind hatten sich nach den Angaben in den Fragebögen nicht verbessert und eine schnellere Erholung nach der Geburt war laut Young nicht erkennbar. Einzig eine gewisse Abnahme depressiver Symptome war erkennbar.

Die Teilnehmerzahl der Studie war jedoch viel zu gering, um eine Wirkung zu belegen oder auszuschließen. Young hofft deshalb auf eine Anschlussstudie mit einer größeren Teilnehmerzahl, die weitere Klarheit bringen könnte.

Ganz neu ist die Behandlung übrigens nicht. Placentapräparate gehören zum Reper­toire der traditionellen chinesischen Medizin, und in Deutschland waren „Inplacen“, „Placentan“ oder „Placentubex“ in der Nachkriegszeit beliebte Hormonpräparate. Sie wurden in erster Linie zur äußerlichen Anwendung als Antifaltencremes, teilweise aber auch als „Dragees“ zur oralen Therapie angeboten.

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