Sorge vor Anstieg diabetesbedingter Fußamputationen durch Krankenhausreform

Berlin – Die Regelungen der geplanten Krankenhausreform könnten zu einer schlechteren Versorgung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom (DFS) führen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) zeigt sich alarmiert, wie aus einem aktuellen Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft (AG) „Diabetischer Fuß“ der DDG hervorgeht. Das Papier liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Die DDG zertifiziert seit 20 Jahren ambulante und stationäre Fußambulanzen und -zentren, die eine adäquate, an aktuellen Leitlinien orientierte Versorgung der Betroffenen sicherstellen. Im Augenblick gibt es bundesweit rund 285 solcher Einrichtungen.
Die AG befürchtet, dass viele Zentren künftig ihre Arbeit aufgeben müssen, weil ihre Arbeit in den mit der Krankenhausreform geplanten neuen Leistungsgruppen nicht adäquat abgebildet wird. „Das würde die Versorgung der Betroffenen dramatisch verschlechtern“, sagte Michael Eckhard, Sprecher der AG Diabetischer Fuß der DDG. Die gewachsenen Strukturen seien durch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) „massiv gefährdet“.
Die AG fordert in ihrem Positionspapier, dass spezialisierte und zertifizierte Fußzentren eine gesicherte Finanzierung erhalten. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien in den Disease-Management-Programmen (DMP) für Diabetes grundsätzlich schon vorhanden, hieß es. „Es sollte für diese Einrichtungen eine ‚Komplexpauschale Diabetischer Fuß‘ implementiert werden“, schlägt Eckhard vor.
Wichtig sei außerdem, das Personal für die Versorgung zu sichern. „Das KHVVG in der derzeitigen Vorlage verschlechtert die diabetologische Versorgung, indem es gut ausgebildetes diabetologisches Fachpersonal nicht berücksichtigt“, kritisierte Eckhard.
Im Positionspapier fordert die AG, die fachärztliche Zusatzbezeichnung „Diabetologie“ der Landesärztekammern und die Qualifikation als „Diabetologe/Diabetologin DDG“ für die Leistungsgruppe „Endokrinologie/Diabetologie“ anzuerkennen. „Fallen Fachärztinnen und -ärzte mit dieser Weiterbildung aus dieser Leistungsgruppe heraus, kann die Versorgung der Menschen mit Diabetes und DFS kaum noch sichergestellt werden“, warnte Eckhard.
„Wird Expertise nicht anerkannt und ausreichend vergütet, wird es erheblich schwerer werden, Betroffenen eine leitliniengerechte Therapie zu ermöglichen“, sagte DDG-Präsident Andreas Fritsche. Das vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene Recht auf eine Zweitmeinung vor Amputation käme dann ebenfalls nicht zum Tragen.
„An wen sollen sich Betroffene mit einem Zweitmeinungsersuchen wenden, wenn es keine spezialisierten Anlaufstellen mehr gibt? Die Folge wäre, dass die Amputationen in Deutschland wieder zunehmen – eine dramatische und völlig unnötige Entwicklung“, so der Experte.
In Deutschland erkranken jedes Jahr bis zu 850.000 Menschen an einem DFS, einer schweren Komplikation des Diabetes mellitus. Ursache sind meist erhöhte Blutzucker- und Cholesterinwerte, ein schlecht eingestellter Blutdruck, Übergewicht und Rauchen, wodurch Nerven- und Blutgefäße geschädigt werden können.
In Kombination mit ungeeignetem Schuhwerk entstehen dann oft chronische, schlecht heilende Wunden an den Füßen. Bei etwa 50.000 Betroffenen führt dies jährlich zu einer Amputation. Bei Amputationen am Fuß oder des gesamten Fußes ist DFS die häufigste Ursache.
„Ein besseres Verständnis für das Krankheitsbild und ein frühzeitiges, abgestimmtes interprofessionelles Behandlungskonzept in spezialisierten Fußbehandlungseinrichtungen hilft, komplizierte Verläufe und Amputationen zu verhindern“, heißt es unter anderem im Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2023.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: