Ärzteschaft

Sorge vor Anstieg diabetesbedingter Fußamputationen durch Krankenhausreform

  • Dienstag, 20. August 2024
/picture alliance, Klaus Rose
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Berlin – Die Regelungen der geplanten Krankenhausreform könnten zu einer schlechteren Versor­gung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom (DFS) führen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) zeigt sich alarmiert, wie aus einem aktuellen Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft (AG) „Diabetischer Fuß“ der DDG hervorgeht. Das Papier liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.

Die DDG zertifiziert seit 20 Jahren ambulante und stationäre Fuß­ambulanzen und -zentren, die eine adäquate, an aktuellen Leitlinien orientierte Versorgung der Betroffenen sicherstellen. Im Augenblick gibt es bundesweit rund 285 solcher Einrichtungen.

Die AG befürchtet, dass viele Zentren künftig ihre Arbeit aufgeben müssen, weil ihre Arbeit in den mit der Kranken­hausreform geplanten neuen Leistungs­gruppen nicht adäquat abgebil­det wird. „Das würde die Ver­sorgung der Betroffenen dramatisch verschlechtern“, sagte Michael Eckhard, Sprecher der AG Diabetischer Fuß der DDG. Die gewachsenen Strukturen seien durch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) „massiv gefährdet“.

Die AG fordert in ihrem Positionspapier, dass spezialisierte und zertifizierte Fußzentren eine gesicherte Finan­zierung erhalten. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien in den Disease-Management-Programmen (DMP) für Diabetes grundsätzlich schon vorhanden, hieß es. „Es sollte für diese Einrichtungen eine ‚Komplexpauscha­le Diabetischer Fuß‘ implementiert werden“, schlägt Eckhard vor.

Wichtig sei außerdem, das Personal für die Versorgung zu sichern. „Das KHVVG in der derzeitigen Vorlage ver­schlechtert die diabetologische Versorgung, indem es gut ausgebildetes diabetologisches Fachpersonal nicht berücksichtigt“, kritisierte Eckhard.

Im Positionspapier fordert die AG, die fachärztliche Zusatzbezeichnung „Diabetologie“ der Landesärztekam­mern und die Qualifikation als „Diabetologe/Diabetologin DDG“ für die Leistungsgruppe „Endokrinologie/Dia­betologie“ anzuerkennen. „Fallen Fachärztinnen und -ärzte mit dieser Weiterbildung aus dieser Leistungs­gruppe heraus, kann die Versorgung der Menschen mit Diabetes und DFS kaum noch sichergestellt werden“, warnte Eckhard.

„Wird Expertise nicht anerkannt und ausreichend vergütet, wird es erheblich schwerer werden, Betroffenen eine leitliniengerechte Therapie zu ermöglichen“, sagte DDG-Präsident Andreas Fritsche. Das vom Gemeinsa­men Bundesausschuss beschlossene Recht auf eine Zweitmeinung vor Amputation käme dann eben­falls nicht zum Tragen.

„An wen sollen sich Betroffene mit einem Zweitmeinungsersuchen wenden, wenn es keine spezialisierten Anlaufstellen mehr gibt? Die Folge wäre, dass die Amputationen in Deutschland wieder zunehmen – eine dramatische und völlig unnötige Entwicklung“, so der Experte.

In Deutschland erkranken jedes Jahr bis zu 850.000 Menschen an einem DFS, einer schweren Komplikation des Diabetes mellitus. Ursache sind meist erhöhte Blutzucker- und Cholesterinwerte, ein schlecht einge­stell­ter Blutdruck, Übergewicht und Rauchen, wodurch Nerven- und Blutgefäße geschädigt werden können.

In Kombination mit ungeeignetem Schuhwerk entstehen dann oft chronische, schlecht heilende Wunden an den Füßen. Bei etwa 50.000 Betroffenen führt dies jährlich zu einer Amputation. Bei Amputationen am Fuß oder des gesamten Fußes ist DFS die häufigste Ursache.

„Ein besseres Verständ­nis für das Krankheitsbild und ein frühzeitiges, abgestimmtes interprofessionelles Be­handlungskonzept in spezialisierten Fußbehandlungseinrichtungen hilft, komplizierte Verläufe und Amputa­tionen zu verhindern“, heißt es unter anderem im Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2023.

hil

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