Politik

SPD stellt höheren Mindestlohn in Aussicht

  • Montag, 3. Juli 2023
/Stockfotos-MG, stock.adobe.com
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Berlin – Zwei mal 41 Cent extra – die geplante Mindestlohnerhöhung könnte aus Sicht der SPD nicht das letzte Wort sein. Parteichef Lars Klingbeil hat am Wochenende eine Erhöhung von derzeit zwölf Euro auf 13,50 bis 14 Euro in Aussicht gestellt – und damit Kritik vom Regierungspartner FDP geerntet.

Drei Monate vor wichtigen Landtagswahlen könnte damit eine neue Debatte um eine Mindestlohnerhöhung durch die Politik beginnen. Denn eigentlich zuständig ist eine Kommission aus Arbeitgeber- und Arbeitneh­mervertretern.

Sie hatte am vergangenen Montag festgelegt, dass der Mindestlohn von 12 Euro im nächsten Jahr um 41 Cent erhöht wird, ein Jahr später noch einmal um den gleichen Betrag auf dann 12,82 Euro. Auf Arbeitnehmerseite gab es daran große Kritik. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, er hätte sich einen größeren Auf­schlag gewünscht.

Klingbeil sagte nun der Bild am Sonntag: „Wir werden dafür sorgen, dass Deutschland die Europäische Min­dest­lohnrichtlinie im nächsten Jahr umsetzt.“ Darauf werde die SPD in der Bundesregierung drängen. „Dann kann auch der Mindestlohn noch einmal ansteigen. Bei einer vollständigen Umsetzung wären das laut Ex­perten zwischen 13,50 und 14 Euro.“

Doch wie kommt die Zahl zustande? 2022 hatten sich die EU-Staaten auf die Richtlinie geeinigt, die sie bis Herbst 2024 in nationales Recht umsetzen müssen. Sie legt zwar keine einheitliche Höhe fest, aber Standards dafür, wie gesetzliche Mindestlöhne festgelegt, aktualisiert und durchgesetzt werden können.

Die Empfehlung: Mit dem Mindestlohn sollen Beschäftigte auf 60 Prozent des Median- oder 50 Prozent des Durchschnittslohns in dem jeweiligen Land kommen. Im vergangenen Jahr gab das Statistische Bundesamt den durchschnittlichen Bruttostundenlohn mit 22,65 Euro an. Wie hoch der Durchschnittslohn 2024 sein werden, kann heute niemand sagen.

Nach Berechnungen des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung liegt der deutsche Mindestlohn unter den empfohlenen Schwellen der EU. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält es auch angesichts der hohen Inflation für notwendig, den Mindestlohn auf 13,50 Euro zu erhöhen.

Daran orientiert sich Klingbeil und lässt mit dem Korridor auf 14 Euro noch Spielraum, falls die Preise bis nächstes Jahr weiter stark steigen, wie aus der SPD zu hören ist.

Doch für die FDP kommt das nicht in Frage. Parteivize Wolfgang Kubicki kündigte in der Funke Mediengruppe Widerstand an: „Wenn Lars Klingbeil konsequent wäre, würde er fordern, die Mindestlohnkommission kom­plett aufzulösen.“ Er sieht Gefahren für den sozialen Frieden und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Ge­ne­ralsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, die Politik dürfe sich nicht mit willkürlichen Forderungen einmischen.

Im vergangenen Jahr war der Mindestlohn per Gesetz der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP von 10,45 Euro auf zwölf Euro erhöht worden. Das war aber als Ausnahme gedacht. Mit Interesse werden die Wahlkäm­pfer in Hessen und Bayern die Diskussion verfolgen. Dort werden im Oktober neue Landtage gewählt.

In der Mindestlohnkommission war die Gewerkschaftsseite in diesem Jahr erstmals überstimmt worden. Im Beschluss wird auf das schwache Wirtschaftswachstum und anhaltend hoher Inflation in Deutschland ver­wiesen, die für Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen große Herausforderungen darstellten. Arbeitsminis­ter Hubertus Heil (SPD) hatte angekündigt, die empfohlene Erhöhung per Verordnung umzusetzen, da es an­dernfalls gar keinen Anstieg geben würde.

Klingbeil sagte. „Das Leben ist teurer geworden, deshalb brauchen wir generell höhere Löhne im Land.“ Er sei erschrocken darüber, dass die Arbeitgeberseite nicht sehe, wie die Lebensrealität von vielen Millionen Arbeit­nehmern in Deutschland sei. „Die Inflation frisst die Löhne auf.“

Im europäischen Vergleich ist der deutsche Mindestlohn recht hoch – wie das Lohnniveau insgesamt auch. Darüber lag zu Jahresbeginn in der EU noch Luxemburg mit 13,80 Euro pro Stunde, wie aus einem Vergleich des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts hervorgeht.

Weitere Nachbarländer wie Frankreich, die Niederlande und Belgien lagen zwischen 11,27 Euro und 11,85 Euro. Besonders in Osteuropa ist es aber deutlich weniger. Schlusslicht ist Bulgarien mit 2,41 Euro je Stunde.

dpa

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