Sprunghafter Legionellenanstieg: Ärzte sollen jede Pneumonie überprüfen

Berlin – Die Anzahl der Legionellosen ist im August stark angestiegen. Meldedaten des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge haben sich die Fallzahlen seit Ende Juli mehr als verdoppelt. Das RKI empfiehlt der Ärzteschaft in Kliniken und auch im ambulanten Bereich jegliche Pneumonie differentialdiagnostisch auf Legionellen zu überprüfen (Epidemiologisches Bulletin 34/2023).
Der sprunghafte Anstieg auf mehr als 90 Fälle in der zweiten Augustwoche geht auf bundesweite Fälle aus dem privaten oder beruflichen Umfeld zurück (siehe Grafik). Zwar gebe es ein paar lokale Ausbrüche, ansonsten sei aber kein klarer geografischer Fokus erkennbar, teilte Udo Buchholz, RKI-Teamleiter Legionellosen, dem Deutschen Ärzteblatt mit.
Die RKI-Experten des Fachgebiets respiratorisch übertragbare Erkrankungen vermuten einen Zusammenhang mit der relativ hohen Luftfeuchtigkeit aufgrund der vielen Regenfälle und der sommerlichen Temperaturen – auch wenn diese nicht sehr hoch waren. Im Jahr 2021 hatte das RKI ebenfalls einen steilen Anstieg der Legionellosen beobachtet. Auch damals gingen die Inzidenzen mit einer vergleichbaren Wetterlage einher.
Nach der Leitlinie zu ambulant erworbenen Pneumonien sollen Ärzte nur bei mittelschweren bis schweren Pneumonien auf Legionellen testen. „Aufgrund der aktuellen Lage empfehlen wir jetzt aber jede Pneumonie auf Legionellen zu testen, damit Patientinnen und Patienten frühzeitig eine korrekte Antibiose erhalten“, sagte Buchholz.
Für die Diagnose steht ein Urin-Antigen-Test zur Verfügung. Bei Nachweis einer Legionelleninfektion sollte der Urin für eine Typisierung mittels monoklonaler Antikörper (MAb-Typ) an das Konsiliarlabor für Legionellen geschickt werden. Wenn möglich, sollte zudem eine Atemwegsprobe für eine Sequenztypisierung an dieses Konsiliarlaboratorium geschickt werden, heißt es im Epidemiologischen Bulletin.
Seit Einführung der Meldepflicht für den Nachweis des Umweltkeims Legionella spp. gemäß Infektionsschutzgesetz im Jahr 2001 wurden in Deutschland kontinuierlich steigende Fallzahlen übermittelt. Ursache sind vermutlich eine verbesserte Fallerkennung, die Alterung der Bevölkerung und sich ändernde klimatische Bedingungen (Epidemiology and Infection; DOI: 10.1017/S095026880800099X und DOI: 10.1017/S0950268816001874).
Menschen infizieren sich in der Regel aerogen durch das Einatmen eines fein zerstäubten legionellenhaltigen Wassernebels (Aerosol). Ideale Wachstumsbedingungen finden Legionellen bei Temperaturen zwischen 25 und 45°C. Männer erkranken zwei- bis dreimal so häufig wie Frauen. Bei etwa fünf bis zehn Prozent der Patienten verläuft die Erkrankung tödlich.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: