Ärzteschaft

Sterbehilfe: Wie weit geht das Berufsrecht?

  • Mittwoch, 4. April 2012
Frank Ulrich Montgomery /dapd
Frank Ulrich Montgomery /dapd

Berlin ­– Eine Ärztekammer kann es nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin einem Arzt nicht uneingeschränkt verbieten, einem sterbewilligen Patienten todbringende Medikamente zu überlassen. Im vorliegenden Fall hatte die Ärztekammer Berlin einem Arzt, der in Berlin tätig und zum damaligen Zeitpunkt zweiter Vorsitzender des Vereins Dignitate (heute: Dignitas Deutschland) war, im Jahr 2007 untersagt, anderen Personen todbringende Substanzen für deren beabsichtigten Suizid zum Gebrauch zu überlassen. Dagegen klagte der Arzt.

Das Verwaltungsgericht hielt das ausnahmslose berufsrechtliche Verbot, ärztliche Beihilfe zum Suizid durch Überlassen von Medikamenten zu begehen, im konkreten Fall für zu weitgehend und hat es deshalb aufgehoben.

Gemessen am verfassungsrechtlichen Maßstab der Freiheit der Berufsausübung und der Gewissensfreiheit des Arztes habe kein uneingeschränktes Verbot des ärztlich assistierten Suizids ausgesprochen werden dürfen. Das Gericht stellte außerdem klar, dass ein Verbot beruflicher oder organisierter Sterbehilfe, wie sie der Verein Dignitas anbiete, zulässig ist. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.

Erst im vergangenen Jahr hatte der Deutsche Ärztetag in Kiel eine Neufassung der (Muster-)Berufsordnung beschlossen, die erstmals ausdrücklich das über das Strafrecht hinausgehende Verbot einer ärztlichen Beihilfe zu Selbsttötungen festlegt. Das aktuelle Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, das sich auf einen Fall von 2007 bezieht, konnte sich noch nicht auf diese Neufassung beziehen.

Darauf verwies heute der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt. Er betonte außerdem, dass dieses Urteil stark überhöht interpretiert würde. Von Bedeutung sei auch die Feststellung des Gerichts, dass gewerbsmäßige Sterbehilfe nicht erlaubt sei, vor allem nicht bei Menschen, die sich noch nicht im finalen Sterbeprozess befinden.

Der BÄK-Präsident hofft, dass „wir letztendlich von höchster Instanz, also vom Bundesverfassungsgericht, die Frage beantwortet bekommen, inwieweit Berufsrecht über Strafrecht hinausgehen darf“.

Kli

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