Sterbehilfeurteil: Staatsanwaltschaft legt Revision ein
Hamburg – Nach dem Freispruch eines Arztes in einem Sterbehilfeprozess vor dem Landgericht Hamburg hat die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil eingelegt. „Wir halten den rechtlichen Bewertungsmaßstab, den das Gericht angelegt hat, nicht für richtig“, sagte Sprecherin Nana Frombach heute. Im Falle eines Erfolgs könnte der Bundesgerichtshof das Landgericht zwingen, den Fall neu aufzurollen.
Der Mediziner und Psychiater Johann Friedrich S. (75) war wegen versuchter Tötung auf Verlangen durch unterlassene Hilfeleistung angeklagt. Er hatte den Suizid zweier über 80-jähriger Frauen begleitet, die am 10. November 2012 in seiner Anwesenheit eine Überdosis eines verschreibungspflichtigen Medikaments genommen hatten.
S. hatte als psychiatrischer Gutachter für den „Verein Sterbehilfe Deutschland“ gearbeitet, der vom früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch gegründet worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre Haft gefordert. Das Landgericht Hamburg sprach den Arzt gestern frei, Eine schriftliche Willensäußerung der beiden Frauen, keine lebensrettende Maßnahmen einzuleiten, sei bindend gewesen, begründete Richter Matthias Steinmann.
Die Bundesärztekammer hatte mit Bestürzung auf den Freispruch reagiert. „Ärzte sollen Hilfe beim Sterben leisten, aber nicht Hilfe zum Sterben“, sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery. Das Urteil sei für ihn nicht nachvollziehbar und zeige, wie wichtig und richtig die Entscheidung des Bundestages gewesen sei, die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen.
„Das Geschäft mit der Angst vor dem Leid in der letzten Lebensphase ist ethisch nicht vertretbar und die Beteiligung daran ist eines Arztes unwürdig.“ Organisierte Formen der Suizidbeihilfe sind in Deutschland seit 2015 verboten. Im aktuellen Prozess wurde noch nach altem Recht geurteilt.
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