Vermischtes

Streit und Schuldzuweisungen im Dopingfall Walijewa

  • Freitag, 18. Februar 2022
/picture alliance, Peter Kneffel
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Peking – Der Umgang mit dem Dopingfall der russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa schlägt immer höhere Wellen. Die Welt-Anti-Dopingagentur (WADA) befürchtet erhebliche Konsequenzen. Sie kriti­sier­te heute die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs CAS im Fall Walijewa und sprach von einem „gefährlichen Präzedenzfall“.

Der CAS hatte zuvor harsche Kritik in seiner Urteilsbegründung an den Abläufen beim Dopingtest der Rus­sin geübt. Von der Dopingprobe bei den russischen Meisterschaften Ende Dezember bis zur Über­mit­tlung des Be­funds am 7. Februar hatte es mehr als 40 Tage gedauert. Dass die Welt-Anti-Dopingagentur argumen­tierte, die 20-Tage-Frist für die Auswertung in einem Labor sei nur eine Empfehlung, empfanden die Sportrichter als „ziemlich besorgniserregend“.

Schließlich ermahne man doch auch die Athleten zur Einhaltung höchster Standards bei ihren Anti-Do­ping-Verpflichtungen. Da müsse es möglich sein, Dopingtests schnell und frühzeitig genug vor wichtigen Wettbewerben wie Olympischen Spielen auszuwerten. Der Verweis des Stockholmer Labors, es habe we­gen der Coronapandemie nicht genug Personal gehabt, sei „nicht überzeugend“. Die Verspätung habe Walijewa in eine „bemerkenswert schwierige Lage“ gebracht.

Die WADA hatte Russlands Anti-Dopingagentur eine Mitschuld an der Verzögerung vorgeworfen. Die Ru­sada habe die Dopingprobe Walijewas nicht mit der nötigen Dringlichkeit an das Stockholmer Labor wei­tergeleitet.

Dem CAS warf die WADA vor, die Bestimmungen des Welt-Anti-Dopingcodes nicht angewendet zu haben. Sie würden „keine spezifischen Ausnahmen in Bezug auf obligatorische vorläufige Suspendierungen für „geschützte Personen“, einschließlich Minderjähriger, zulassen“, hieß es zuletzt in einer Mitteilung.

Die WADA wirft den Sportrichtern ihrerseits vor, die „unmissver­ständ­lichen Bestimmungen“ des WADA-Kodex' bei der Aufhebung einer vorläufigen Suspendierung igno­riert zu haben. Es sei „überraschend“ und für die WADA sehr „besorgniserre­gend“, dass ein CAS-Gremium es für ange­bracht hält, „von den klaren Bestimmungen des Codes abzuwei­chen“, hieß es in der Mitteilung.

Schließ­lich habe der Code über einen Zeitraum von zwei Jahren drei Konsultationsphasen unter Einbe­zie­hung aller Anti-Dopingakteure durchlaufen. Im November 2019 sei er einstimmig angenommen wor­den. Die WADA hoffe und erwarte, dass der CAS-Entscheid von Peking „von künftigen CAS-Panels korrigiert wird“.

Der positive Dopingtest der 15 Jahre alten Eiskunstlaufeuropameisterin aus Russland vom 25. Dezember war erst während der Winterspiele in Peking bekannt geworden. Die Ad-hoc-Kammer des CAS entschied dennoch, mit Blick auf ihren Status als Minderjährige und das nicht abgeschlossene Dopingverfahren einen Start im olympischen Damen-Einzel zu erlauben. Walijewa verpasste nach dem Dopingwirbel mit einer fehlerhaften Kür gestern dann aber als Vierte eine Medaille.

Sie will nun mithilfe der B-Probe ihre Unschuld beweisen. Die 15-Jährige werde die Untersuchung der B-Probe beantragen, da unter anderem ein technischer Fehler des Stockholmer Anti-Dopinglabors bei der Analyse ihres Dopingtests vorgelegen haben könne, erklärten Walijewas Anwälte. Auch das geht aus der 41-seitigen Urteilsbegründung für das Eilverfahren in dem Fall hervor.

In ihrer Verteidigung verwiesen Walijewas Rechtsbeistände auf die „extrem niedrige Konzentration“ des gemäß Anti-Dopingregeln verbotenen Herzmittels Trimetazidin, das in der A-Probe nachgewiesen wor­den war. Bei Dopingkontrollen geben Athleten Urin ab, der zu zwei Dritteln in eine A-Probenflasche ge­füllt wird. Der Rest bildet die B-Probe.

Detailliert ist in dem Urteil der Versuch der Anwälte nachzulesen, den positiven Test mit dem Kontakt Walijewas zu ihrem herzkranken Großvater zu begründen. Dabei sei die verbotene Substanz durch eine Verunreinigung unabsichtlich in den Körper der Athletin gekommen.

Walijewas Opa habe sie oft zum Training gefahren und viel Zeit mit ihr verbracht. Nach einer Herztrans­plantation nehme er regelmäßig Trimetazidin ein und trage die Medizin meist bei sich. Als Beweismittel diente auch ein Video, das den Großvater in seinem Auto mit einer Packung des Medikaments zeigen soll.

dpa/afp

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