Medizin

Studie: Kernspin vermeidet unnötige Herzkatheter­untersuchungen

  • Mittwoch, 31. August 2016
Uploaded: 31.08.2016 09:22:14 by mis
dpa

Leeds – Die Frage, welche Patienten mit Angina pectoris eine perkutane koronare Intervention (PCI) benötigen, konnte in einer randomisierten klinischen Studie im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2016; doi:10.1001/jama.2016.12680) mit einer kardialen Magnetresonanztomographie ebenso gut beurteilt werden wie mit einer Myokardszintigraphie. Beide bildgebenden Verfahren waren einer rein klinischen Entscheidung deutlich überlegen.

Die meisten Patienten mit Angina pectoris haben keine Stenosen in den Koronar­gefäßen, die die Implantation eines Stents erforderlich machen würde. Sicher entscheiden könnten dies Kardiologen erst während der Koronarangiographie, bei der die Engstellen der Herzkranzgefäße nach Einspritzen eines Kontrastmittels sichtbar werden. Dazu ist eine Röntgendurchleuchtung notwendig, die für den Patienten mit einer Strahlenbelastung verbunden ist.

Um unnötige Koronarangiographien zu vermeiden, wird heute an den meisten Zentren vorher eine Myokardszintigraphie durchgeführt. Dabei wird den Patienten ein radioaktiver Tracer gespritzt. Seine Anreicherung zeigt an, ob der Herzmuskel noch ausreichend mit Blut versorgt wird. Die Myokardszintigraphie, die sich zu einer der häufigsten kardiologischen Tests entwickelt hat, geht ebenfalls mit einer Strahlen­belastung einher.

Ganz ohne Strahlung kommt die Kernspintomographie aus. Die kardiale Magnetre­sonanztomographie könnte deshalb eine schonende Alternative zur Myokard­szintigraphie sein mit dem (gleichen) Ziel, den Patienten vor einer unnötigen Koronarangiographie zu bewahren. Britische Kardiologen haben beide Verfahren in einer randomisierten Studie mit den klinischen Entscheidungskriterien verglichen, die in einer Leitlinie des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) festgelegt sind.

Für die Studie wurden an sechs Kliniken 1.202 Patienten mit typischen Beschwerden einer stabilen Angina pectoris auf drei Gruppen randomisiert. Bei jeweils 481 Patienten wurde eine Myokardszintigraphie oder eine kardiale Magnetresonanztomographie durchgeführt. Bei den übrigen 240 Patienten wurde die Entscheidung aufgrund der NICE-Kriterien gestellt. Wie John Greenwood, Universität Leeds, und Mitarbeiter berichten, wurden nach der Myokardszintigraphie 78 Patienten (16 Prozent) zur Koronarangiographie geschickt. Nach der kardialen Magnetresonanztomographie waren es 85 Patienten (18 Prozent). Die NICE-Kriterien führten bei 102 Patienten (43 Prozent) zur Überweisung. 

In der letzten Gruppe war der Anteil der unnötigen Koronarangiographien am höchsten. Bei 28,8 Prozent der Patienten lag keine behandlungsbedürftige Stenose vor (was bereits ein gutes Ergebnis ist: laut Greenwood liegt der Anteil an US-Kliniken bei fast 60 Prozent). Deutlich niedriger war der Anteil unnötiger Koronarangiographien mit 7,5 Prozent nach einer kardialen Magnetresonanztomographie und mit 7,1 Prozent nach einer Myokardszintigraphie. 

Der Unterschied zwischen kardialer Magnetresonanztomographie und den Nice-Kriterien war bei einer Odds Ratio von 0,21 und einem 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,12 bis 0,34 hoch signifikant. Der Vergleich zwischen Myokardszintigraphie und kardialer Magnetresonanztomographie fiel mit einer Odds Ratio von 1,27 (0,79-2,03) dagegen „unentschieden“ aus.

Die Studie belegt zum einen, dass die Myokardszintigraphie ein geeignetes Instrument zur Voruntersuchung von Patienten mit stabiler Angina ist. Sie zeigt zum anderen aber auch, dass die kardiale Magnetresonanztomographie eine gleichwertige Alternative ist, die den Patienten das Strahlenrisiko ersparen könnte.

rme

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