Studie: Nirmatrelvir hilft nicht gegen Long COVID

Palo Alto/Kalifornien – Der Versuch, die Symptome von Long COVID mit dem zur Behandlung der akuten Erkrankung zugelassenen Virustatikum Nirmatrelvir (plus Ritonavir) zu lindern, ist in einer Phase-2-Studie gescheitert. Die Behandlung über 15 Tage hat sich zwar als sicher erwiesen. Nach den in JAMA Internal Medicine (2024; DOI: 10.1001/jamainternmed.2024.2007) publizierten Ergebnissen haben sich die Patienten jedoch nicht schneller erholt als eine Placebogruppe.
Der Proteaseinhibitor Nirmatrelvir kann – in Kombination mit Ritonavir, das den Abbau von Nirmatrelvir verlangsamt und damit seine Wirkung verstärkt – in der Frühphase einer Infektion mit SARS-CoV-2 die Entwicklung eines schweren COVID-19 verhindern. Nirmatrelvir/Ritonavir ist in den USA und Europa seit Dezember 2021/Januar 2022 als Paxlovid zugelassen. Die Behandlung erfolgt in der Regel über 5 Tage.
Etwa 10 bis 20 % aller Patienten erholen sich nach einer (schweren) Erkrankung von COVID-19 nur zögernd. Wenn die Symptome über mindestens 3 Monate anhalten oder neue Symptome auftreten, wird ein post-akutes COVID-19-Syndrom (PASC) oder Long COVID diagnostiziert. Die Ursache ist unbekannt. Eine Persistenz von SARS-CoV-2 gehört derzeit zu den Arbeitshypothesen. Sie gründet sich auf dem persistierenden Nachweis von Virus-RNA in den oberen Atemwegen und im Stuhl bei einigen, aber längst nicht allen Patienten.
Mediziner der Stanford Universität in Palo Alto haben diese Hypothese in einer klinischen Studie überprüft, an der 155 Patienten mit PASC im Alter von median 43 Jahren teilnahmen. Die akute Erkrankung an COVID-19 lag im Durchschnitt 17,5 Monate zurück, und jeder 4. (26,5 %) war damals bereits mit Nirmatrelvir/Ritonavir behandelt worden. Bis auf 2 waren alle Patienten wenigstens einmal geimpft.
Alle Patienten klagten über mindestens 2 der 6 häufigsten „Kern“-Symptome von Long COVID: Abgeschlagenheit, kognitive Störungen („brain fog“), Luftnot, Gliederschmerzen sowie Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Symptome.
Die Patienten wurden über 15 Tage entweder mit Nirmatrelvir/Ritonavir oder nur mit Placebo/Ritonavir behandelt. Ritonavir wurde mit Placebo kombiniert, damit die Patienten nicht am metallischen Geschmack erkennen konnten, in welcher Gruppe sie waren.
10 Wochen später wurden die Patienten nach ihren Symptomen befragt. Wie Linda Geng von Standford Medicine und Mitarbeiter berichten, kam es während dieser Zeit in beiden Gruppen zu einem Rückgang der 6 PASC-Symptome. Er fiel in der Placebogruppe allerdings etwas stärker aus als nach der Behandlung mit Nirmatrelvir. Die Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant.
Die Studie liefert damit keinerlei Argumente für eine Behandlung mit Paxlovid, auch wenn sich die Behandlung über 15 Tage als verträglich erwiesen hat. Die Verbesserung der Symptome in beiden Gruppen ist jedoch ein gutes Zeichen für die langfristige Prognose von Patienten mit Long COVID. Die meisten Patienten erholen sich auch ohne Behandlung allmählich von den Spätfolgen der Infektion mit SARS-CoV-2.
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