Studie: Paracetamol bei Grippe unwirksam

Wellington – Paracetamol, das in der Bevölkerung als Grippemittel populär ist und von medizinischen Leitlinien, wenn auch halbherzig zur Antipyrese bei fiebrigen grippalen Infekten empfohlen wird, hat in einer randomisierten Doppelblindstudie in Respirology (2015; doi: 10.1111/resp.12685) bei Patienten mit Schnelltest-positiver Influenza weder die Symptome gelindert noch die Viruskonzentration vermindert.
Paracetamol hat eine nachgewiesenermaßen fiebersenkende Wirkung. Doch ob die Antipyrese den Heilungsverlauf bei Infektionen fördert, ist unter Wissenschaftlern umstritten. Die Temperaturerhöhung kann nämlich als physiologische Reaktion des Immunsystems aufgefasst werden, um die Krankheitserreger abzuwehren. Eine Hemmung wäre dann kontraproduktiv.
Tatsächlich haben fiebersenkende Mittel in Tiermodellen die Mortalität der Influenza gesteigert. Dies war für Irene Braithwaite vom Medical Research Institute in Wellington/Neuseeland und Mitarbeitern Anlass genug, die Auswirkungen einer Paracetamol-Therapie bei Patienten mit grippalen Infekten zu untersuchen.
An der randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten Studie nahmen insgesamt 80 Patienten teil, die sich in den Wintermonaten einen grippalen Infekt zugezogen hatten und bei denen ein Grippeschnelltest positiv ausgefallen war. Sie wurden auf eine Behandlung mit Paracetamol (4 mal 1 Gramm pro Tag) oder Placebo randomisiert und für die ersten 48 Stunden stationär aufgenommen.
Während dieser Zeit wurde dreimal in einem Nasenabstrich die Konzentration der Virus-Gene (quantitative Polymerase-Kettenreaktion, PCR) bestimmt. Eine vierte Untersuchung fand 120 Stunden nach Studienbeginn statt. Primärer Endpunkt war das Integral (Area under the curve, AUC) der Viruskonzentration über die ersten fünf Tage der Erkrankung.
Zunächst einmal stellte sich heraus, dass nur 46 der 80 Patienten tatsächlich PCR-positiv waren. Bei 20 weiteren Patienten wurden andere respiratorische Viren und bei den übrigen 14 Patienten gar keine Viren mit der PCR nachgewiesen. Wie Braithwaite berichtet, hatte Paracetamol keinen Einfluss auf die Viruskonzentration. Die AUC der Viruslast war bei den mit Paracetamol behandelten Patienten sogar etwas höher als im Placebo-Arm der Studie, der Unterschied war aber minimal und statistisch nicht signifikant.
Dies ist zum einen eine gute Nachricht, da sich die in den Tierversuchen gemachten ungünstigen Erfahrungen nicht bestätigten. Zum anderen ist es aber eine schlechte Nachricht, da Paracetamol das Abklingen der grippalen Infekte offenbar nicht beschleunigt. Die Symptome waren in beiden Gruppen gleich stark ausgeprägt, selbst ein Einfluss auf die Körpertemperatur war laut Braithwaite nicht nachweisbar. Dies mag daran gelegen haben, dass das Fieber bei den meisten Patienten milde war. Alle Patienten wurden zudem mit Oseltamivir behandelt, was den Verlauf der Erkrankung abgeschwächt haben könnte.
Unter dem Strich sprechen die Ergebnisse für Braithwaite nicht unbedingt für den Einsatz von Paracetamol bei grippalen Infekten. Ihr persönlicher Ratschlag ist, die Möglichkeit einer Grippeimpfung in Anspruch zu nehmen und sich nicht auf die Wirkung des Hausmittels Paracetamol zu verlassen.
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