Studie: Salmonellen mit Cholera-Gen könnten bei der Krebsabwehr helfen
Gwangju/ -Eine Krebsbehandlung der Zukunft könnte darin bestehen, den Patienten Salmonellen in die Venen zu injizieren, die vorher im Labor mit dem Gen eines Cholera-Erregers versehen wurden. Bei Mäusen mit Darmkrebs hat sich die Behandlung laut einer Publikation in Science Transnational Medicine (2017; 9: eaak9537) als sicher und effektiv erwiesen.
Die Idee einer Bakterientherapie ist nicht neu. Der US-Chirurg William Coley hatte Ende des 19. Jahrhunderts bereits Krebspatienten mit Streptokokken behandelt. Anlass war die Beobachtung eines Patienten, dessen Sarkom sich nach einem Erysipel zurückgebildet hatte. „Coley’s Toxin“ wurde eine beliebte Therapie und in den USA bis Anfang der 1960er Jahre vertrieben. Nach dem Thalidomid-Skandal wurde die Anwendung außerhalb von Studien verboten. Im Jahr 1975 wurde in Japan OK-432, ein abgetöteter Stamm von Streptococcus pyogenes zur Krebsbehandlung zugelassen, und in Deutschland ist die Instillationsbehandlung mit Bacillus Calmette-Guerin eine etablierte Therapie bei Blasenkrebs.
Heute ist klar, dass nicht die Bakterien selbst den Tumor angreifen. Es kommt vielmehr zu einer Reaktion der angeborenen Immunabwehr, deren Zellen mit sogenannten „Toll-like Rezeptoren“ (TLR) auf bestimmte Merkmale der Bakterien reagieren. Diese Immunreaktion wird auf die Krebserkrankungen gelenkt, weil sich bestimmte Bakterien in dem nekrotischen Gewebe der Tumore besonders gut vermehren. Die Behandlung kann als eine Variante der Immuntherapie bezeichnet werden.
Forscher der Chonnam Universität in Gwangju/Südkorea haben jetzt eine neue Variante der Behandlung entwickelt. Sie statteten ein attenuiertes (also in der Pathogenität abgeschwächtes) Salmonella Typhimurium mit dem Gen FlaB aus. FlaB enthält die Erbinformation für das Protein Flagellin B, dem Hauptbestandteil der Geißel, mit der sich viele Bakterien fortbewegen. Flagellin B wird vom TLR 5 des Immunsystems erkannt, was eine starke Immunabwehr auslöst.
Wie Jin Hai Zheng und Mitarbeiter berichten, kam es nach einer intravenösen Injektion der FlaB-produzierenden Salmonellen bei den Versuchstieren zunächst zu einer Infektion von Leber und Milz. Nach wenigen Tagen war die Infektion jedoch weitgehend auf den Tumor der Tiere beschränkt, wo laut Zheng 10.000-fach mehr Bakterien nachgewiesen wurden als im Rest des Organismus.
Die Forscher führten die Experimente mit Mäusen durch, die an Darmkrebs erkrankt waren. Einmal handelte es sich um natürlicherweise bei Mäusen auftretende Tumore, das andere Mal waren Darmkrebstumore vom Menschen transplantiert worden.
In beiden Fällen kam es nach der Infektion mit den Bakterien zu einer deutlichen Rückbildung der Tumore. Weitere Experimente belegen, dass die Wirkung tatsächlich durch das Protein Flagellin B ausgelöst wird. Nach einer Infektion mit nicht genetisch veränderten Bakterien war die Immunreaktion deutlich schwächer. Die Tumore bildeten sich kaum zurück. Mäuse, denen das Gen für den TLR 5 entfernt wurde, sprachen nicht auf die Behandlung an.
Aufgrund der selektiven Vermehrung der Bakterien im Tumorgewebe hat die Behandlung den Mäusen nicht geschadet. Ob die Behandlung auch für Menschen verträglich und effektiv wäre, müsste erst in klinischen Studien geprüft werden.
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