Medizin

Studie sieht Elektrosmog als Asthmarisiko

  • Dienstag, 2. August 2011

Chicago – Kinder erkranken dreimal häufiger an Asthma, wenn ihre Mutter während der Schwangerschaft erhöhten elektromagnetischen Feldern exponiert war. Dies ergab eine prospektive Kohortenstudie in den Archives of Pediatrics and Adolescent Medicine (2011; doi:10.1001/archpediatrics.2011.135). Die Assoziation war dosisabhängig, eine Kausalität kann sie nicht herstellen.

Asthma gehört zu den häufigsten Erkrankungen bei Kindern. Die Prävalenz ist in vielen Industrieländern gestiegen. In den USA wird die Diagnose mittlerweile bei 13 Prozent aller Menschen unter 18 Jahren gestellt, berichten De-Kun Li vom Forschungszentrum der Krankenkasse Kaiser Permanente in Oakland und Mitarbeiter, die einen möglichen Zusammenhang mit der ebenfalls gestiegenen Exposition mit elektromagnetischen Feldern („Elektrosmog“) sehen. Elektromagnetische Felder entstehen in der Umgebung von Stromleitungen, elektrischen Geräten und natürlich auch von schnurlosen Telefonen.

Ende der 90er Jahre hatten die Forscher den Einfluss von elektromagnetischen Feldern auf die Fehlgeburtrate untersucht. Dazu waren 969 Schwangere mit einem mobilen Messgerät ausgerüstet worden, dass alle 10 Sekunden die elektromagnetische Feldstärke misst und die Ergebnisse speichert.

Die Schwangeren hatten das Gerät jeweils einen Tag im ersten und zweiten Trimenon getragen. Die Auswertung ergab, dass Schwangere mit der höchsten Exposition tatsächlich signifikant häufiger eine Fehlgeburt erlitten (Epidemiology 2002; 13: 9-20).

Die Ergebnisse überzeugten den Editorialisten damals nicht. Bemängelt wurde unter anderem, dass die Autoren nur eine Assoziation zu seltenen Spitzenwerten hergestellt hatten, nicht aber zur durchschnittlichen Exposition (Epidemiology 2002; 13: 1-3).

Dieser Vorwurf lässt sich dieses Mal nicht erheben, denn Li und Mitarbeiter haben die mittlere Exposition zur Grundlage ihrer epidemiologischen Untersuchung gemacht. Insgesamt konnten sie Daten zu 626 Mutter-Kind-Paaren recherchieren.
 

Die Analyse ergibt, dass die Mütter der 130 Kinder, die bis zum 13. Lebensjahr an Asthma erkrankten, in der Schwangerschaft signifikant höheren elektromagnetischen Feldern ausgesetzt waren. Die Assoziation war dosisabhängig, was ein Hinweis auf eine Kausalität ist: Pro 1 Milligauss „Elektrosmog“ in der Umgebung stieg das Asthmarisiko der Kinder um 15 Prozent (Hazard Ratio 1,15; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,04-1,27). Kinder von Schwangeren mit der – allerdings seltenen – höchsten Exposition erkrankten 3,5-fach häufiger (Hazard Ratio 3,52; 1,68-7,35).

Bei einer mittleren Exposition, die bei der Mehrzahl der Schwangeren vorlag, stieg das Risiko tendenziell noch um 74 Prozent (Hazard Ratio 0,93-3,25). Diese Assoziation war nicht signifikant. Ansonsten sind die Daten statistisch eindeutig. Unter den Begleitfaktoren, die Li erheben konnte, fällt als mögliche Störgröße einzig noch eine erhöhte Exposition von Elektrosmog bei Müttern mit einem geringen Einkommen auf.

Es könnte ein Marker für andere Umweltfaktoren sein, beispielsweise eine erhöhte Exposition mit Hausstauballergenen in kleinen Innenstadtwohnungen. Die bekannten Allergene und auch atopische Erkrankungen als Asthma-Risikofaktoren wurden in der Studie jedenfalls nicht als Erklärungen ausgeschlossen.

Li versteht die Studie als Diskussionsanreiz. Solange die Daten nicht durch weitere epidemiologische Studien bestätigt werden, dürfte die Neigung, Elektrosmog als mögliche Asthmaursache in Erwägung zu ziehen, gering bleiben. Es fehlt vor allem ein überzeugendes biologisches Konzept, dass die pathogenetischen Zusammenhänge plausibel erklären würde.

Die Vermutung, die pränatale Exposition mit elektromagnetischen Feldern könne die Entwicklung des Immunsystems im Feten stören, bleibt ziemlich vage. Wahrscheinlicher erscheint doch, dass der „Elekrosmog“ ein Marker für die vielen technischen Geräte ist, die sich infolge des gestiegenen Wohlstands anhäufen und die Exposition mit Allergenen und Umweltchemikalien erhöhen.

rme

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