Medizin

Studie: „Stresstest Schwangerschaft“ zeigt kardiovaskuläre Langzeitrisiken

  • Dienstag, 22. September 2015
Uploaded: 09.11.2013 09:28:29 by mis
dpa

Berkeley/Kalifornien. Frauen, deren Schwangerschaft im jungen Lebensalter mit Kompli­kationen verbunden war, haben im Alter ein deutlich erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. Dies geht aus einer Langzeituntersuchung in Circulation (2015; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.113.003901) hervor. Sie zeigt, dass die Schwangerschaft ein kardiologischer „Stresstest“ ist.

Bei einer Schwangerschaft kommt es zu einem Anstieg von Blutvolumen und Herz­leistung. Die Lipidwerte im Blut steigen an, der Blutdruck ändert sich (er sinkt in der Frühschwangerschaft  und steigt später an). Schwangere setzen Fett an und sie werden vorübergehend insulinresistent. Es kommt damit zu vielen Veränderungen, die im späteren Leben Bestandteil des metabolischen Syndroms sind, das ein wichtiger Risikofaktor für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist. 

Die Schwangerschaft könnte damit ein erster „Stresstest“ für das Herz-Kreislauf-System sein. Ob er prognostische Informationen liefert, hat Barbara Cohn vom Public Health Institute in Berkeley jetzt an den Daten der Child Health and Development Studies untersucht. Diese Studien waren zwischen 1959 und 1967 durchgeführt worden, um pränatale Risikofaktoren für den Ausgang der Schwangerschaft zu ermitteln. Die Forscher haben detaillierte Aufzeichnungen zu den Schwangerschaftskomplikationen hinterlassen. Cohn setzte sie mit den Todesursachen der damaligen Teilnehmerinnen in den folgenden 50 Jahren in Beziehung. Dabei ergeben sich deutliche Assoziationen.

So starben Frauen 7,1-fach häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wenn (wahrscheinlich schon) vor der Schwangerschaft (diagnostiziert vor der 20. Gestationswoche) eine Hypertonie bestand und es zu einer Frühgeburt kam. Die Kombination aus einer vorbestehenden Hypertonie und einer Präeklampsie (Anstieg von Blutdruck und Proteinurie) erhöhte das kardiovaskuläre Sterberisiko um den Faktor 5,6. Beim Auftreten von präexistierender Hypertonie und einer Mangelgeburt (Small for Gestational Age, SGA) betrug die Hazard Ratio 4,2 und bei der Kombination von Schwangerschaftshypertonie und Frühgeburt 5,0.

Das Team ermittelte darüber hinaus zwei neue kardiovaskuläre Risikofaktoren: Eine Glukosurie, also der Nachweis von Zucker im Urin, erhöhte das Risiko, im späteren Leben an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um den Faktor 4,2, bei einem Abfall des Hämoglobins in der Spätschwangerschaft war das Risiko um 70 Prozent erhöht.

Alle Hazard Ratios waren statistisch signifikant. Dennoch weist die Studie natürlich Schwächen auf. Es beginnt bei der ungenauen Angabe der Todesursache in den Totenscheinen. Außerdem gab es so gut wie keine Informationen zum Gesundheitszustand der Frauen vor und nach der Schwangerschaft. Cohn ist dennoch überzeugt, dass Kardiologen die Schwangerschaft als „Stresstest“ für das Herz-Kreislaufsystem ernst nehmen sollten. Frauen, die ihn nicht bestehen, sollten nach der Schwangerschaft eine intensivere Beratung zur Modifikation von Risikofaktoren erhalten, fordert die Autorin.

rme

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