Medizin

Süßes Placebo bei Kleinkindern ein effektives Hustenmittel

  • Mittwoch, 29. Oktober 2014
Uploaded: 29.10.2014 10:52:32 by mis
dpa

Philadelphia – Husten kann kleine Kinder und deren Eltern schnell um den Schlaf bringen. Ein effektives Mittel erwies sich in einer randomisierten klinischen Studie in JAMA Pediatrics (2014; doi: 10.1001/jamapediatrics.2014.1609) neben einem Agavensirup auch ein karamelfarbenes Placebo mit Traubenaroma.

Viele Experten halten die in Apotheken erhältlichen Hustenmittel für wenig wirksam. Die US-Arzneibehörde FDA rät wegen möglicher Risiken sogar von einer Anwendung in den ersten beiden Lebensjahren ab. Als bedenklich gilt mittlerweile auch Honig, ein in vielen Kulturen beliebtes Hausmittel. Von Honig wird jedoch abgeraten, da es Sporen von Clostridium botulinum enthalten und deshalb (in seltenen Fällen) einen infantilen Botulismus auslösen kann.

Ian Paul vom Penn State College of Medicine in Philadelphia und Mitarbeiter, die seinerzeit in einer randomisierten Studie die Wirksamkeit von Honig gegen Husten bei Kleinkindern in einer randomisierten Studie belegen konnten (Arch Pediatr Adolesc Med. 2007; 161: 1140-1146), sind auf der Suche nach einer Alternative auf Agavensirup gestoßen. Er ist noch süßer als Honig, und bisher wurden in ihm keine Botulinum-Sporen entdeckt.

In einer Studie randomisierten die Pädiater 120 Kinder, beziehungsweise deren Eltern auf drei Therapiearme. Im ersten behandelten die Mütter die Kinder im Alter von 2 bis 47 Monaten mit Agavensirup. An die zweite Gruppe wurde ein karamelfarbenes Placebo mit Traubenaroma ausgegeben. In der dritten Gruppe wurden die Eltern gebeten, den Husten ihrer Kinder zu ertragen.

Erwartungsgemäß besserten sich Husten, Schnupfen und der Schlaf des Kindes (und der Eltern) in dieser dritten Gruppe am langsamsten. Die Therapie mit dem Agavensirup erwies sich in allen Endpunkten als signifikant überlegen. Paul und Mitarbeiter mussten jedoch feststellen, dass das Placebo dem Naturheilmittel gleichwertig war. Nur in der Untergruppe von Kindern im ersten Lebensjahr war der Agavensirup besser wirksam, was jedoch ein Zufallseffekt gewesen sein könnte.

Da die Eltern die Symptome der Kleinkinder und Säuglinge erfassten, dürfte die Behandlung in erster Linie ihnen geholfen haben, vermutet der Editorialist James Taylor von der University of Washington in Seattle, der sich dennoch für den großzügigen Einsatz von Placebos aussprach. Zudem dürfte der Arztbesuch seiner Ansicht nach seine Wirkung nicht verfehlen.

Auch Paul meint, dass Agavensirup oder ein anderes Placebo immer noch besser seien und dazu billiger als eine unnötige Verschreibung von Antibiotika, zu der es in den ersten Lebensmonaten des Kindes schnell kommen kann. Erkältungen und Husten sind einer Studie zufolge mit einem Anteil von 38 Prozent in den Wintermonaten bei unter 5-Jährigen der häufigste Grund für einen Kinderarztbesuch.

rme

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