Surveillanceverordnung: Mehr Sequenzierungen, weniger Geld

Berlin – Die Bundesregierung will, dass das Infektionsgeschehen in der Coronapandemie weiterhin möglichst engmaschig auf die Entstehung neuer Virusvarianten hin geprüft wird. Ein Referentenentwurf sieht dazu vor, die Coronavirus-Surveillanceverordnung bis zum 31. Juli 2023 zu verlängern.
Neue Virusvarianten wie Delta oder Omikron haben den Verlauf der Pandemie aufgrund veränderter Eigenschaften wie leichterer Übertragbarkeit massiv beeinflusst. Umso wichtiger ist es, ihre Entstehung möglichst schnell zu erfassen.
Sowohl nach totalen Zahlen als auch beim Anteil der Sequenzierungen an allen durchgeführten Tests liegt Deutschland weit hinter Ländern wie Großbritannien. Auch deshalb trat im Januar 2021 die Coronavirus-Surveillanceverordnung in Kraft, mit der Laboratorien und Einrichtungen verpflichtet werden, erhobene Genomsequenzdaten zum Zwecke der Erregersurveillance an das Robert-Koch-Institut (RKI) zu übermitteln.
Die Verknüpfung der so gewonnenen Informationen mit epidemiologischen Daten soll darüber hinaus einen besonderen Erkenntnisgewinn ermöglichen. „Es ist denkbar, dass im weiteren Pandemieverlauf weitere neuartige Virusvarianten entstehen, die gegebenenfalls besorgniserregende Eigenschaften aufweisen“, heißt es im Referentenentwurf, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. „Es ist daher notwendig, die Pflicht zur Übermittlung von Genomsequenzdaten des Coronavirus SARS-CoV-2 an das RKI über den 30. Juni 2022 zu verlängern.“
Der Anteil der zu sequenzierenden Proben soll dabei wie bisher vom allgemeinen Infektionsgeschehen abhängig sein. Allerdings wurden die Grenzwerte angepasst: Hat die Zahl der Neuinfektionen in der Kalenderwoche vor der Durchführung der Diagnostik 50.000 nicht überschritten, sollen zehn Prozent der Proben, die in der jeweils vergangenen Woche positiv getestet wurden, sequenziert werden.
Bis 250.000 Neuinfektionen sollen es fünf Prozent der Proben sein, bis 500.000 Fälle sollen es zwei Prozent sein und darüber hinaus noch jede hundertste Probe. Außerdem wird bei der Übermittlung der Sequenzdaten an das RKI eine Verpflichtung zur Angabe hinsichtlich des Vorliegens eines epidemiologischen Anlasses zur Sequenzierung eingeführt.
Ebenfalls angepasst werden soll die Vergütung für die Labore. Sie soll von 220 Euro auf 150 Euro pro Sequenzierung verringert werden. Der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) hatte 185 Euro gefordert. Die geplante Absenkung um mehr als 30 Prozent sei weder angemessen noch sachgerecht.
Darüber hinaus begrüßt der Verband die Verlängerung der Surveillanceverordnung jedoch. „In Bezug auf die erwartungsgemäß dynamische Verbreitung der Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 und den vermutlich damit in Zusammenhang stehenden Infektionszahlen halten wir dies für ein geeignetes Instrument, die Variantenausbreitung künftig frühzeitiger fachlich bewerten zu können“, sagte der ALM-Vorsitzende Michael Müller weiter.
Die Bundesregierung rechnet bei Verlängerung der Surveillance bei einer exemplarischen Situation mit durchschnittlich rund 1.000.000 Coronafällen pro Woche mit monatlichen Kosten für Sequenzierung und Versand von rund 7,6 Millionen Euro.
„Bei niedrigeren Fallzahlen, insbesondere zum Beispiel vor dem Hintergrund einer schrittweisen höheren Immunität der Bevölkerung beziehungsweise bei auch nicht auszuschließenden höheren Fallzahlen, wären die Ausgaben entsprechend niedriger beziehungsweise höher“, heißt es im Referentenentwurf.
Durch die gegenüber der bislang geltenden Verordnung festgelegte Verlängerung um zehn Monate dürften demnach Kosten von rund 80 Millionen Euro entstehen. Von denen entfallen laut Entwurf rund 79 Millionen Euro auf die Vergütung von Datenübermittlung und Probenversand sowie 800.000 Euro auf Verwaltungskosten für die Kassenärztlichen Vereinigungen.
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