Medizin

Teilchen­beschleuniger: Beschuss mit Kohlenstoffionen könnte Herzrhythmus­störungen beenden

  • Dienstag, 24. Januar 2017

Rochester – Die Ablation von Herzrhythmusstörungen, die heute mit einem in die Herz­kammer vorgeschobenen Katheter durchgeführt wird, könnte in Zukunft auch nicht-invasiv mit einem Teilchenbeschleuniger möglich werden. Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam stellt die Technik in Scientific Reports (2016; doi: 10.1038/srep38895) vor.

Teilchenbeschleuniger können Ionen mit hoher Geschwindigkeit auf ein Gewebe schießen. Die Teilchen werden vom Gewebe abgebremst und haben deshalb nur eine bestimmte Eindringtiefe. Aufgrund des Bragg-Effekts erreichen viele Teilchen kurz vor der maximalen Eindringtiefe ihr Maximum. Dieses physikalische Phänomen wird derzeit bereits in der Krebstherapie eingesetzt, wo Tumore fast millimetergenau mit Teilchen beschossen werden. Weltweit sollen bereits mehr als 15.000 Patienten behandelt worden sein.

Ein Team um Immo Lehmann von der Mayo Clinic in Rochester hat mit Kollegen am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt untersucht, ob die Methode auch zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden kann. Die effektivste Methode ist hier derzeit die Katheterablation, bei der das Zielgewebe im Herzmuskel mithilfe von Hochfrequenzstrom kurzzeitig erhitzt wird. 

Die Forscher haben die Behandlung jetzt erstmals an Schweinen erprobt. Zum Einsatz kam ein Ionenstrahl aus Kohlenstoffatomen, der auf den Herzmuskel der Versuchstiere gerichtet wurde. In einem ersten Experiment wurde der Atrioventrikularknoten von Schweinen ins Visier genommen. Die Versuchstiere entwickelten daraufhin einen AV-Block aus. Im zweiten Versuch wurde das Mündungsgebiet der Lungenvenen im linken Vorhof mit den Teilchen beschossen. Es handelt sich um den Entstehungsort des Vorhofflimmerns und die Zielregion der Katheterablation. Auch hier konnte die elek­tri­sche Aktivität des Herzmuskels komplett ausgelöscht werden. Schließlich beschossen die Forscher Teile des linken Ventrikels. Auch hier gelang es, das Gewebe zielgenau zu zerstören.

Die Bestrahlung des Gewebes mit Kohlenstoffionen wäre laut Lehmann schonender als die Behandlung mit einem Katheter. Der Eingriff würde nur wenige Minuten dauern, im Vergleich zu den teilweise stundenlangen Kathetereingriffen. Es könnten auch Regionen behandelt werden, die mit einem Katheter nur schwer oder gar nicht erreicht werden. Von einer klinischen Anwendung ist die Behandlung jedoch noch weit entfernt. Die Erfolgsrate war mit 33 Prozent noch sehr gering. Auch die Sicherheit müsste zunächst in weiteren präklinischen Studien untersucht werden.

rme

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