Theologen kritisieren Bluttest auf Down-Syndrom

Köln – Der Freiburger katholische Moraltheologe Eberhard Schockenhoff lehnt die neuen Tests zur Früherkennung von Trisomie 21 ab. Er sprach am Mittwoch im Deutschlandfunk von einer Perversion medizinischen Denkens. Durch den Bluttest werde nicht die Heilung eines Menschen, sondern seine Qualitätskontrolle und Beseitigung angestrebt. Eine humane Gesellschaft müsse auf „Inklusion statt auf Selektion“ setzen, sagte der Theologe, der auch Mitglied des Deutschen Ethikrates ist.
Schockenhoff äußerte sich mit Blick auf einen neuen Bluttest, der im Frühsommer auch in Deutschland auf den Markt kommen soll. Durch ihn soll mit Hilfe einer normalen Blutentnahme bei einer Schwangeren der Nachweis über das Down-Syndrom beim ungeborenen Kind erbracht werden. Derzeit gibt es nur eine Untersuchung des Fruchtwassers, um Trisomie 21 festzustellen. Dabei besteht ein geringes Fehlgeburtsrisiko.
Nach Ansicht von Schockenhoff fördert der neue Test „die Gedankenlosigkeit": „Man macht eben einen kleinen Test, untersucht einen Tropfen Blut, und dann hat man ein Ergebnis, aus dem scheinbar automatisch der Entschluss zum Schwangerschaftsabbruch folgt.“
Der Theologe kritisierte zugleich einen starken gesellschaftlichen Druck auf Eltern, die ein Kind mit Down-Syndrom annehmen. Sie würden diskriminiert und sähen sich der Frage ausgesetzt, ob es heutzutage noch sein müsse, so ein Kind auf die Welt zu bringen. Dieser Druck werde mit dem neuen Bluttest noch wachsen.
Schockenhoff sprach von einem tiefen Widerspruch in der gesellschaftlichen Entwicklung. Einerseits würden Menschen mit Behinderung, wenn sie einmal geboren sind, tatsächlich besser integriert. „Es gibt mehr Hilfsangebote, es gibt mehr Förderungsmaßnahmen, sie werden akzeptiert, und es gilt auch das Diskriminierungsverbot.“ Auf der anderen Seite würden aber immer weniger Menschen mit dem Down-Syndrom überhaupt geboren, „weil sie schon vor ihrer Geburt einem Test unterzogen werden, dessen einziger Sinn eigentlich ihre Beseitigung ist“.
Auch die Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Petra Bosse-Huber warnte mit Blick auf den neuen Test vor einer behindertenfeindlichen Gesellschaft. Schon die bisherigen Testverfahren hätten dafür gesorgt, dass zwischen 85 und 95 Prozent der Ungeborenen, bei denen das Down-Syndrom festgestellt werde, abgetrieben werden, schreibt sie in der Frankfurter Rundschau vom Mittwoch.
Die Theologin warnte vor einer gesellschaftlichen Haltung, die nahe lege, dass „ein Leben mit Behinderung vermieden werden kann und daher auch vermieden werden soll“. Schon jetzt kämen Eltern unter Rechtfertigungsdruck, wenn sie sich für ein behindertes Kind entschieden.
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