Therapieplätze für traumatisierte Soldaten fehlen weiterhin

Berlin – Die Reform der Bundeswehr führt bei Deutschlands Soldatinnen und Soldaten zu „tiefgreifenden“ Verunsicherungen und Überbelastungen. Darauf hat der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, in seinem neuen Jahresbericht 2012 hingewiesen. Insbesondere bei den Dienst- und Einsatzbelastungen sei vielfach die Grenze der Belastbarkeit erreicht, teilweise sei sie überschritten. Königshaus führt dies unter anderem auf das neue Standortkonzept der Bundeswehr zurück. Dadurch habe sich die Pendelei zwischen Wohn- und Stationierungsort für viele verschärft.
Deutliche Mängel sieht der Wehrbeauftragte weiterhin bei der Betreuung und Versorgung von Soldaten, die von Auslandseinsätzen zurückkehren. Die Zahl der Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) habe mit 1.143 im vergangenen Jahr erneut einen Höchststand erreicht, erläuterte er. Gleichzeitig fehlt es nach seinen Worten noch immer an geeigneten Therapeuten im Sanitätsdienst, die sie betreuen könnten.
Auch auf Langzeittherapien sei die Bundeswehr nicht eingerichtet. Weil vielerorts die Wartezeiten bei „zivilen“ ärztlichen und Psychologischen Psychotherapeuten lang sind, können diese nach Königshaus‘ Darstellung die Lücken bei der Bundeswehr nicht füllen helfen. Der Wehrbeauftragte deutete an, dass manche Soldatinnen und Soldaten zudem über Unverständnis klagten. Das, was sie erlebt haben und was sie belastet, können demnach manche „zivilen“ Therapeuten nur schwer nachvollziehen. Er begrüßte es jedoch, dass an den Universitäten der Bundeswehr inzwischen ergänzende Studienangebote eingerichtet worden seien.
Königshaus wies zudem darauf hin, dass ein Therapieplatz außerhalb der Bundeswehrangebote für Soldaten auch deshalb schwer zu bekommen sei, weil die Therapeuten maximal den 1,75-fachen Gebührensatz abrechnen könnten, nicht aber den 2,3-fachen. Auch die stationäre Behandlung von Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen außerhalb von Bundeswehrklinken ist demnach wegen der Bezahlung schwierig. Die üblichen Reha-Sätze sind offenbar zu niedrig, um Soldaten in der zivilen Reha eine angemessene Traumatherapie anbieten zu können.
Der Wehrbeauftragte wies darüber hinaus auf die sogenannte Dunkelfeldstudie der Universität Dresden hin. Nach ersten Auswertungen war etwa die Hälfte der an PTBS erkrankten Einsatzrückkehrer offenbar schon vor dem Einsatz unerkannt erkrankt. „Diesem Aspekt muss bei der Überprüfung der Einsatzverwendungsfähigkeit ein größeres Augenmerk gewidmet werden“, forderte Königshaus.
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