Tibet: 8000 Jahre alte Mutation ermöglicht Leben im Hochgebirge

Salt Lake City – Eine Genmutation, die den Anstieg des Hämoglobinwerts unter hypoxischen Bedingungen verhindert, ermöglicht es Menschen, im tibetischen Hochplateau zu überleben. Die Mutation, die laut einem Bericht in Nature Genetics (2014; doi: 10.1038/ng.3067) vor etwa 8.000 Jahren entstand, tragen heute 88 Prozent der tibetanischen Bevölkerung.
Die Mutation befindet sich nach Auskunft des Teams um Josef Prchal von der Universität von Utah in Salt Lake City im EGLN1-Gen. Es enthält die Erbinformation für das Enzym Prolyl-Hydroxylase 2 (PHD2). PHD2 führt zum Abbau von Hypoxia-inducible factors (HIFs). HIFs vermittelt unter Hypoxiebedingungen im Knochenmark eine vermehrte Erythropoese. Die Folge ist ein Anstieg des Hämatokrits, der im Hochplateau von Tibet ein Ausmaß annimmt, das mit erheblichen gesundheitlichen Nachteilen verbunden sein muss.
Anders ist es nicht zu verstehen, dass die Häufigkeit der Mutation innerhalb von nur 8.000 Jahren auf 88 Prozent stieg, während in den umliegenden Ländern nur 0,8 Prozent der Bevölkerung Träger der Genvariante sind.
Die Lebensbedingungen in Tibet sind allerdings extrem. Auf 4.500 Metern über dem Meeresspiegel sinkt der Sauerstoffgehalt der Luft auf zwei Drittel des Wertes vom Meeresniveau. Normalerweise führt dies zu einem deutlichen Anstieg des Hämatokrits, wodurch sich die Viskosität des Blutes erhöht, was thrombotische Ereignisse begünstigt. Davor sind die Hochlandbewohner weitgehend geschützt.
Ihr ist Hb-Wert ist sogar um 3,6 g/dl niedriger als bei Flachlandbewohnern anderer Länder. Dass die Zellen dennoch genügend Sauerstoff erhalten, wird einmal durch eine schnellere Ruheatmung und zum anderen durch eine Weitstellung der Arterien erreicht, welche die Weitergabe des Sauerstoffs an die Zellen erleichtert.
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