Politik

Transplan­tations-Prozess: Patientin hatte von Manipulation nichts bemerkt

  • Montag, 24. Februar 2014

Göttingen – Im Prozess um den Transplantationsskandal hat das Landgericht Göttingen heute eine Patientin des angeklagten Arztes angehört. Die Frau soll von dem Ex-Leiter der Transplantationsmedizin der Uni Göttingen fälschlich als Dialysepatientin eingestuft worden sein, damit sie schneller ein Spenderorgan erhält. Von der Manipulation medizinischer Daten habe sie nichts bemerkt, sagte die Zeugin. Eine Dialyse habe sie aber auch nicht erhalten.

Die 52-Jährige litt nach einer Hepatitis-Infektion an einer Leberzirrhose. In Göttingen habe sie im Abstand weniger Monate zwei Spenderorgane bekommen, so die Zeugin. Nach der ersten Transplantation habe sich ihr Zustand gebessert, dann aber weiter verschlechtert.

Der für die Zuteilung von Spenderorganen durch die zentrale Vergabestelle Eurotransplant maßgebliche Meld-Score sei allerdings nicht sehr hoch gewesen. Wegen ihres schlechten Zustands habe der Angeklagte schließlich erklärt: „Dann setzen wir sie jetzt hoch“. Wenig später habe sie eine zweite Leber erhalten. Mit dem neuen Organ lebe sie jetzt seit knapp drei Jahren relativ gut. Ohne diese Leber wäre sie heute vermutlich tot.

Was mit dem „Hochsetzen“ gemeint war, habe sie nicht gewusst, so die Zeugin. Der angeklagte Arzt erklärte, es habe mit Manipulationen des Meld-Scores für Eurotransplant nichts zu tun: Er habe die Patientin wegen ihres schlechten Zustandes auf der klinkinternen Liste für die Zuteilung sogenannter Zentrumsorgane nach oben genommen. Dabei geht es um Organe, die von anderen Kliniken aus medizinischen Gründen abgelehnt wurden und dann von Eurotransplant in die Region vergeben werden, aus der sie stammen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Arzt versuchten Totschlag in elf und Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen vor. Der Prozess läuft seit August vergangenen Jahres. Der Angeklagte war im Dezember nach elf Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

dpa

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